Bochum. . Neues Programm von Esther Münch gerät zur Abrechnung mit der Ausländerbehörde
Walli macht Spaß. Das wissen die vielen tausend Bochumer, die die berühmteste Putzfrau unserer Stadt Jahr für Jahr auf der Bühne sehen. Doch Walli macht auch ernst. Das wissen die ersten Besucher des neuen Programms „Wallis Wahrheiten“.
In ihrer 13. Produktion, die jetzt im Zauberkasten Premiere feierte, zeigt sich Esther Münch so politisch wie nie zuvor. Zwar kommt sie mit Kittel und Kopftuch in gewohnt launiger Walli-Manier daher, lästert auf ihrer Suche nach Wahrheit und Lüge über schwindelnde Mannsbilder her („Die lügen 220 Mal am Tag – obwohl sie dreimal weniger sprechen als Frauen“) und führt in einem rhetorisch brillanten Parforceritt die fragwürdigen Errungenschaften des Online-Shoppens ad absurdum.
Zur Höchstform läuft Waltraud Ehlert aber erst nach der Pause auf: nicht als patente Putze, sondern als Kabarettistin, die das Lügengerüst mancher Politiker zum Einsturz bringt und deren Wortkosmetik wie ein Abschminktuch hinfort wischt. Einer erstklassigen Erdogan-Parodie und einem Bekenntnis zu Multi-Kulti („Arschlöcher haben keine Nationalität“) folgt das „Mutti Unser“. Als Pranger der fortschreitenden medialen Verblödung. Als Plädoyer für Qualitätsjournalismus Marke WAZ, mündend in einem „Mutti unser“-Gebet: „Unsere tägliche Desinformation gib uns heute und führe uns nicht zur Erkenntnis, sondern manipuliere uns durch 24-Stunden-Privat-TV. Und führe uns so gnädig hinters Licht, auf dass wir auch morgen noch wandeln im glückseligen Nebel der Unwissenheit...“
Zur bitteren Abrechnung mit dem Bochumer Ausländeramt gerät ein Rollenspiel, zu dem Esther Münch zwei Besucher auf die Bühne bittet. Als ehrenamtliche Betreuerin minderjähriger afghanischen Flüchtlingen verarbeitet sie auf der Bühne ihre Erfahrungen mit der Behörde. Lustlos-zynische Mitarbeiter, so wird vermittelt, kanzeln hilflos-verunsicherte Flüchtlinge ab. Das Publikum ist längst schweigsam, nachdenklich. Schluss mit lustig, Walli redet Klartext. Mehr davon!