Bochum. Deutlich mehr Bewerber als im Vorjahr bei gleichbleibender Zahl von Lehrstellen strömen auf den Ausbildungsmarkt. Die Lage bleibt schwierig.
- Zahl der Ausbildungsplätze reicht nicht aus, mindestens 203 jungen Menschen noch unversorgt
- IHK fordert mehr Anstrengungen der Unternehmen, aber auch mehr Flexibilität von Jugendlichen
- Helfen könnten einfachere Ausbildungen und eine Straffung des breiten Angebots
Es gibt Regionen in Nordrhein-Westfalen, in denen werden Arbeitskräfte und Auszubildende händeringend gesucht. Bochum gehört nicht dazu. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze reicht nach wie vor nicht aus, um alle Schulabgänger und all jene, die aus den Vorjahren noch in der Warteschleifen stecken, zu versorgen.
Zum offiziellen Ende des Berufsberatungsjahres Ende September waren noch 203 Stellen unbesetzt – 30 mehr als 2015, so die Bundesagentur für Arbeit. „Aber in Wahrheit suchen ja noch viel mehr Jugendliche einen Ausbildungsplatz“, sagt Anne Sandner. Die stellvertretende Geschäftsführerein des Deutschen Gewerkschafts Bundes (DGB) Ruhr Mark kritisiert die mangelhafte Ausbildungsbereitschaft vieler Betriebe und sieht sich zumindest in diesem Punkt an einer Seite mit Erik Weik. Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet sagt: „Es ist höchste Eisenbahn“. Es reiche nicht, auf Wunsch-Azubis zu warten, vielmehr müsse das Angebot besser auf Vorstellungen und Fähigkeiten des Nachwuchses abgestellt werden.
Junge Menschen kennen nur einen kleinen Teil der angebotenen Ausbildungsberufe
Dazu gehöre auch, zu überdenken, ob es Ausbildungen für mehr als 300 Berufe geben müssen, wenn sich die große Mehrzahl – nämlich 40 Prozent – sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrage-Seite auf zehn Berufe konzentriere. Gleichwohl: „Wir brauchen auch eine Haltungsveränderung bei jungen Leuten, die gar nicht wissen, in wie vielen unterschiedlichen tollen Berufen wir ausbilden.“
Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr, sieht darin auch ein Versäumnis der Unternehmen. Deren Selbstvermarktung in Sachen Ausbildung sei noch ausbaufähig. Er wie auch Kreishandwerksmeister Johann Phillips erteilen der einmal mehr vom DGB ins Spiel gebrachten Ausbildungsabgabe eine Absage. Phillips: „Wir haben damit in der Handwerkskammer Dortmund Erfahrungen gemacht.“ Mehr Ausbildungsangebote entstünden auf diese Weise nicht. Und: Weitere Anreize wie höhere Ausbildungsvergütungen könnten eher kontraproduktiv wirken, so Erlhöfer. Eher schon könnten vereinfachte und modular aufgebaute Ausbildungen potenzielle Interessenten ansprechen, die mitunter vor zu komplizierten Ausbildungen zurückschreckten. „Ohnehin hilft nicht eine einzelne Maßnahme, um das Problem zu beheben“, so Erlhöfer.
Positive Erfahrungen
Helfen könnten finanzielle Anreize aber sehr wohl, so Anne Sander vom DGB; mehr noch als in der Ausbildung bei den Gehaltshöhen etwa in der Gesundheitswirtschaft. In diesem Bereich habe es im übrigen aber auch positive Erfahrungen mit Ausbildungsplatzabgaben gegeben, so Sozialdezernentin Britta Anger. Bestehen bleibt das „Passungsproblem“, wie es Dieter Groß, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Bochum, nennt. Nicht nur quantitativ passen Angebot und Nachfrage häufig nicht zusammen. Zu oft klafften große Lücken zwischen den Wünschen von Jugendlichen und den bereit gestellten Ausbildungsstellen.