Bochum. . Zu Beginn des Prozesses gegen einen bekannten Ex-Gastro-Unternehmer hat das Gericht erklärt, dass es nach Aktenlage keine Chance auf Bewährung sehe.
- Der Ex-Gastro-Unternehmer Michael N. hat aus Sicht des Gerichts nach Aktenlage keine Bewährungschance.
- Der 50-Jährige steht wegen Steuerhinterziehung und Betrugs vor Gericht.
- Der Angeklagte betrieb in Bochum und Essen mehrere Discos und Gaststätten.
Das dürfte den ehemals als „Party-König“ bekannten Michael N. (50) auf der Anklagebank in Bochum wohl einigermaßen geschockt haben. „Wir sehen keine Chance auf Bewährung“, sagte Richter Dr. Markus van den Hövel zu Beginn des Steuer- und Betrugsprozesses. „Wir sind hier im Ruhrgebiet, man redet hier Klartext.“
Unmittelbar nachdem Staatsanwalt Dr. Frédéric Klasing die Anklage mit Tausenden von Zahlen zu Steuer- und Betrugsschäden heruntergerattert hatte, teilte der Richter allen vier Angeklagten mit, wohin die Reise aus Sicht der Kammer „nach Aktenlage, nach vorläufiger Bewertung“ wohl gehen wird: Für drei Angeklagte (35, 39, 48) sei eine Bewährung möglich, für Michael N. aber, den Hauptangeklagten, nicht. „Dafür sind die Vorwürfe einfach zu schwerwiegend“, machte van den Hövel klar. Das Gericht sehe bei ihm „ein hohes Maß an krimineller Energie“ und nennt ein Beispiel: Nur einen Monat nach Rechtskraft eines Urteils wegen Untreue und Insolvenzverschleppung (15 Monate Haft auf Bewährung) habe er mit Straftaten weitergemacht - „ein extremes Stück an Dreistigkeit“.
„Er war derjenige, der alle Entscheidungen traf“
Die vier Angeklagten – alle aus Essen – führten laut Anklage in wechselnder Beteiligung vier GmbH in Bochum und Essen und betrieben damit Discos und Gaststätten, darunter die „Fabbrica Italiana“ am Kemnader See in Bochum und in Gelsenkirchen sowie die Discos „Apartment 45“ in Bochum und „Frida“ in Essen. Michael N. soll zwar nicht offiziell, wohl aber faktisch der Geschäftsführer gewesen sein. „Er war derjenige, der alle Entscheidungen traf“, sagte der Staatsanwalt. Der Anklage zufolge verkürzten die Angeklagten von 2011 bis 2014 mit Schwarzeinkäufen von Getränken und manipulierten Kassenbons Steuern in einer Höhe von 210.000 Euro. „Man verabredete, systematisch über einen längeren Zeitraum Steuern zu hinterziehen.“
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Bei Michael N. und einem weiteren Angeklagten geht es auch noch um Versicherungsbetrug. Zweimal soll N. einen Autounfall fingiert haben, einmal mit einer Stretchlimousine in Bochum, einmal mit einem Audi Q5: Mit dem fuhr er laut Anklage gegen das Fenster seines eigenen Schlafzimmers.
Im ersten Fall erbeutete er von der Versicherung 35.000 Euro, im zweiten Fall nichts, weil die Versicherung die geforderten gut 20.000 Euro nicht zahlte. Und dann gab es noch einen Einbruch in einem seiner Büros an der Viktoriastraße in Bochum. Den gab es zwar wirklich, aber N. soll den tatsächlichen Schaden von höchstens 70.000 auf mehr als 200.000 Euro hochfrisiert haben. Als die Versicherung erneut nicht zahlte, klagte N. dagegen. Die Klage zog er später aber zurück.
„Ich will nicht wieder in den Knast
Michael N., vor Gericht in dezentem modischem Schick gekleidet, wirkte vor Gericht auffallend angespannt. Im Mai 2014 hatte er 24 Tage in U-Haft geschmort. So etwas prägt sich für immer ein. „Ich will nicht wieder in den Knast“, sagte er der WAZ. Um das zu erreichen, müssen seine zwei Wahlverteidiger aber Schwerstarbeit leisten.
Alle vier Angeklagten wollen sich erst am 8. November zu den Vorwürfen äußern. Sie sollen aber im Grunde geständig sein.