Bochum. . Clara Nielebock gelingt mit dem Jugendclub des Prinzregenttheaters eine beklemmende und packende Inszenierung von Juli Zehs „Spieltrieb“.
- Der Jugendclub Junge Prinz*essinnen inszeniert „Spieltrieb“ nach dem Roman von Juli Zeh
- Es wird richtig böse auf der Bühne im Prinzregenttheater
- Im Mittelpunkt der Inszenierung steht der gefühlskalte Mikrokosmos eines Privatgymnasiums
Es wird richtig böse auf der Bühne im Prinzregenttheater. Im Mittelpunkt der Inszenierung „Spieltrieb“ nach Juli Zehs Roman steht der gefühlskalte Mikrokosmos eines Privatgymnasiums. Die Theaterpädagogin Clara Nielebock inszenierte das Stück als ein ausgeklügeltes Psychodrama.
Spiel auf erstaunlich hohem Niveau
Die Figuren agieren auf verschiebbaren Podesten, vor einer großen Videoleinwand (Nicolas Plancq), auf der kurze Einspieler und Schlagzeilen erscheinen. Die Zuschauer zollten der Premiere am Samstag zu Recht großen Applaus. Denn der Jugendclub des Theaters, die Jungen Prinz*essinnen (15 und älter), agierte auf einem erstaunlich hohen Niveau, mit einem großen Verständnis für die gespielten Figuren.
Vielschichtige Geschichte
Im Mittelpunkt der vielschichtigen Geschichte steht die 14-Jährige Schülerin Ada (distanziert und kraftvoll: Elena Ubrig). Sie ist eine Außenseiterin, weil sie sich den anderen intellektuell überlegen fühlt. Ihre Mutter (schön überdreht: Dyana Krupezki), geschieden und wenig zur Vorbildfunktion neigend, ist mit der Erziehung überfordert.
Weitere Vorstellungen
Die Aufhebung von Moralvorstellungen oder von Kategorien wie Gut und Böse spielen eine zentrale Rolle im Juli Zehs Roman „Spieltrieb“. Diese Haltung der Figuren gibt der Inszenierung eine wertfreie Glaubwürdigkeit, die einen frösteln lässt.
Weitere Vorstellungen: 28., 29., 31.10. um 19.30 Uhr. Karten und Infos 0234/77 11 17.
Der einzige, der einen geistigen Zugang zu dem gleichgültigen Mädchen hat, ist der schlagfertige Geschichtslehrer Höfi (außerordentlich gut: Lukas Vogelsang). Doch die intellektuellen Dispute zwischen Höfi und ihr reichen nicht, um die Fassade zu durchbrechen: „Wir sind Lehrer, in deinen Augen gesichtslos und längst tot“, erkennt er. Später wird er sich vom Schuldach stürzen.
Naivität und Gewalt
Irgendwann taucht der selbstsichere und arrogante Alev (berechnend und kalt: Jakob Schmidt) an dem fiktiven Ernst-Bloch-Gymnasium auf. Er macht sie mit der Spieltheorie vertraut. In einem Video im Foyer spricht er zu den Zuschauern: „Um ein Spiel in Gang zu setzen, braucht man zunächst einen Gegner.“ Opfer wird der engagierte und naiv agierende Sportlehrer Smutek (ergriffen: Joscha Kühn). Der wendet sich Ada zu, später verführt sie ihn und macht ihn abhängig. Der ohne Moral agierende Alev erpresst Smutek und erklärt das Spiel irgendwann für beendet. Ada soll sich von ihm abwenden. Daraufhin gerät Smutek in eine Krise und verletzt Alev schwer.
Letztlich kommt jeglicher Glauben, jegliche Vorstellung von Gut und Böse abhanden: „Sie sollen wissen, dass sie eine Gruppe von Menschen vor sich haben, die nicht mehr in das System passt“, richtet Ada ein Schlussplädoyer an die Zuschauer. Beklemmend!