Bochum. . In der Speckschweiz hat Giampiero Piria ein ungewöhnliches Ausstellungsprojekt ins Leben gerufen: In einem alten Schrank öffnen sich „Tiny rooms“ für die Kunst.
Versteckt in der Vorstadt, kann man neuerdings eine fantastische Entdeckung machen: In der Speckschweiz hat ein Schubladen-Museum eröffnet. „Tiny rooms“ nennt es sich, und der Name passt genau: In winzigen Räumen – den Schubladen – offenbart sich eine Menge Bochumer Kunst.
Überrschend übersichtlich
Dieser Tage fand im Foyer des Theaters der Gezeiten an der Schmechtingstraße die Vernissage statt. Die Besucher/innen staunten nicht schlecht über das, was hier geboten wird: 48 Schubladen eines alten Kontor-Schrankes sind von 48 Bochumer Künstlern zu Kunstwerken umgestaltet worden. Dabei ist ein überraschend übersichtlicher wie auch vielfältiger Querschnitt der hiesigen Kunstszene entstanden; ein kleines kompaktes Wunder an einem Ort, an dem man es keinesfalls erwartet.
Spielerischer Blick
Giampiero Piria, Schauspieler, Kreativer und Förderer der Kunst, hat „Tiny rooms“ ins Leben gerufen. Die Idee kam ihm beim Betrachten des besagten Schranks im Foyer der „Gezeiten“. „In dem Raum war früher ein Kurzwarenladen“, sagt Giampiero, „nur der Schrank ist neben ein paar anderen Utensilien übrig geblieben.“ Die ausladende Front des wuchtigen Möbels besteht aus Glasvitrinen und eben fast 50 Schubladen, in denen früher Garn, Nadeln, Knöpfe, Stoffe lagerten. Jetzt lagern darin Kunstwerke. „Dem Betrachter wird eine recht unmittelbare, mitunter sehr spielerische Sicht auf Kunst gestattet“, schmunzelt Giampiero Piria.
Zur Person Giampiero Piria
Giampiero Piria (*1964 in Oberhausen) ist ein ruhrgebietsweit bekannter Schauspieler, Theater-und Lebenskünstler und einer der vielseitigsten und innovativsten Vertreter seiner Zunft.
Nach seiner Ausbildung u.a. bei Arkadiusz Rayser (Polen) produzierte er zahlreiche Stücke im Bereich des humoristisch-literarischen Musiktheaters.
Zu seinen aktuellen Theaterproduktionen gehören u.a. ein François-Villon-Abend und das Stück „Herz Schlag Wahn“ nach Edgar Allen Poe.
Die Schubladen sehen von vorn eher schmächtig aus, tatsächlich sind sie aber 50 bis 60 Zentimeter lang und 18 cm breit. Das ist ein kleiner Raum, aber er bietet Raum genug, um als stimmige Ausstellungsfläche zu dienen. Die Künstler/innen, die Piria angesprochen hat, haben jeder für sich Schubladen-Arbeiten beigesteuert. Mal sind es Mini-Installationen, die bei Berührung zu leuchten anfangen, mal sind es kleine Zimmer, ein ZEN-Garten oder eine Museumsetage samt Bildern an den Wänden, die sich plötzlich auftun. Ein anderes Mal sind es verstörende Puppen oder ein großer goldener Käfer.
Das muss man im Ganzen gesehen, erlebt haben, um den Reiz dieses ungewöhnlichen Museums an ungewöhnlichem Ort richtig zu erfassen. „Die Tiny rooms wirken auf den ersten Blick sehr einfach“, sagt Giampiero Piria, „und doch sind sie unwahrscheinlich vielfältig.“ Das kann man sogar noch weiter drehen, in dem man sagt: so uniform, wie der Geschäftsschrank ausschaut, so individuell ist sein Inhalt. Wer sich alle Schubladen in Ruhe angucken möchte, sollte Zeit mitbringen – mindestens so viel, wie die Künstler/innen in ihre Kästchen investiert haben. Eine andere, möglicherweise noch bessere Idee ist: einfach noch mal wiederkommen.
Tiny rooms ist dienstags von 17 bis 20 Uhr an der Schmechtingstraße 38 geöffnet. Eintritt frei