Das Meer ist tief, sehr tief ... sehr, sehr tief ... und unten lauern gefräßige Monster, die Menschen mit ihren Tentakeln packen, um sie bei lebendigem Leib zu verdauen. Keine schönen Aussichten für die kleine Nalu, die jeden Tag in diesem Ozean tauchen muss, um das für die Menschen auf ihrer Insel lebensnotwendige Plastik nach oben zu holen. Das ist die Ausgangslage in der neuen Produktion des Jungen Schauspielhauses, die um ein drängendes Thema kreist: Umweltverschmutzung, Plastikmüll. Bei der Premiere am Samstag wurde „Nalu und das Polymeer“ mit großem Applaus gefeiert.

Martina van Boxen hat das Musiktheater für Kinder ab 10 Jahren eingerichtet und das Stück auch selbst geschrieben. Die Leiterin des Jungen Schauspielhauses serviert den unbequemen Stoff mit den wunderbaren Mitteln des Theaters: Spiel und Musik, Videoprojektionen und erzählende Momente verschmelzen zu einer fantastisch-fantasievollen Aufführung, die keinen unberührt lassen dürfte.

Es geht um Vermüllung, Plastiklawinen, Umweltzerstörung, es geht aber auch um die Kraft von Visionen und den Willen zur Veränderung: Am Ende ist es ausgerechnet das Mädchen Nalu, das den Weg aus der ökologischen Klemme findet. Und das die Erwachsenen aufrüttelt, aktiv ‘was gegen den Schrecken zu unternehmen, statt still zu verzweifeln. Die Botschaft ist einfach, und doch so schwer umzusetzen: Jeder – jeder einzelne! – ist gefordert, Veränderung voranzubringen. Denn natürlich ist das Stück ein Spiegel der Zeit, und Nalus fantastische Insel steht für die Welt, in der wir leben. Und die wir zu zerstören drohen.

Maria Trautmann spielt Nalu als taffe, auch patzige Göre, ein bisschen Ronja Räubertochter, ein bisschen Rote Zora. Michael Habelitz und Manuel Loos sind ihre erwachsenen Mit- und Gegenspieler; alle sind in Lumpen aus Plastik gekleidet, die Deko besteht aus Polymer-Produkten, selbst die Instrumente, die das Trio sehr stimmungsvoll, sehr atmosphärisch einsetzt (Nalu spielt Posaune!) sind aus Plastik. Das Bühnenbild (Esther van de Pas) ist eine Art surreales Aquarium, mit Requisiten aus Plastik. Die Beleuchtung schafft in Verbindung mit den Real-Videos von Müllkippen eine beklemmende Atmosphäre. Gleichwohl driftet das Ganze nie ins Fatalistische ab, im Gegenteil: Mit Humor und Fantasie werden auch die schrecklichsten Bedrohungen gemeistert.