Die Wurzeln von Wohnzubehör Räder liegen in Heimarbeit den 60er Jahren.Heute sind Ideen mehr denn je gefragt, um in der schnelllebigen Branche Bestand zu haben

Eines der typischen Räder-Produkte ist die farbige Lichterreihe, die Designerin Sarah Baumann hier präsentiert. Für seine teils eigenwilligen Wohnzubehör-Stücke hat das Unternehmen Räder schon viele Designpreise errungen. Fotos: WAZ, Ingo Otto
Eines der typischen Räder-Produkte ist die farbige Lichterreihe, die Designerin Sarah Baumann hier präsentiert. Für seine teils eigenwilligen Wohnzubehör-Stücke hat das Unternehmen Räder schon viele Designpreise errungen. Fotos: WAZ, Ingo Otto © WAZ

Der Mann wusste sich schon immer zu helfen, mit "Fantasie und Spucke" begann Hartmut Räder im Alter von 16 Jahren, etwas gegen die Knappheit seines Taschengeldes zu machen. Er fertigte Schmuck aus Emaille und verkaufte ihn in bescheidenem Rahmen; eine Technik, die seine Mutter ihm in Bastelnachmittagen beigebracht hatte.

Das liegt 48 Jahre zurück. Inzwischen leitet er ein international erfolgreiches Unternehmen an der Kornharpener Straße, dessen Design-Produkte so manches Heim schmücken. Genau wie in den frühen 60er Jahren versucht Hartmut Räder (64) auch heute, möglichst Nischen zu finden, in die er mit seinen Ideen und ungewöhnlichen Materialien stoßen kann, um als Trendsetter in der Branche die Nase vorn zu haben.

Mit seinen ersten Emaillearbeiten fand er damals bei Clauberg am Rathaus, Bochums führendes Besteckhaus und Galerie, den ersten Abnehmer "mit viel Mut zu modernem Design", erinnert sich Räder. Manschettenknöpfe aus Emaille waren dann auch vor 40 Jahren sein unternehmerischer Einstieg. Eigentlich habe er Journalist werden wollen; er lernte Schriftsetzer, berichtete dann ein Jahr lang als freier Mitarbeiter für ein Herner Lokalblatt aus dem Gericht. "Mein Traum war es, für ,Schöner Wohnen' zu schreiben."

Doch die Eltern, beide Lehrer, hielten den Journalistenberuf für zu windig, "und dann kam ein Kind". Die junge Familie musste sich umorientieren und machte sich 1968 selbstständig, mit eben jenen Manschettenköpfen in den damaligs schwer angesagten Modefarben braun/orange. Dann kamen Strohsterne hinzu; auch bei diesen Weihnachtsdekorationen wagte er den Griff in den Farbtopf und stellte mit seiner Partnerin lila-, pink- und orangefarbene Sterne her, die ein Renner wurden.

"Damals produzierten wir die Dinger zu Hause und besuchten unsere Kunden im Einzelhandel." Deren Kreis wuchs, als die Räders begannen, Messen zu besuchen. Dabei war der Bochumer nie einer, der sich auf Erfolgen ausruht; "sobald etwas zum Selbstläufer wird, muss Neues her", so seine Devise bis heute. Und weil ihn Material und Design schon interessierten, als dieser Begriff noch gar nicht gebräuchlich, tüftelte er weiter - es kam 1974 "der zieher". Ein Korkenzieher, in Form und Funktion für diese Zeit innovativ. Zudem entdeckte Hartmut Räder in den 70er Jahren Kork für Wohnzubehör, das bis dahin allein als Dämmmaterial verwendet wurde. Er fuhr nach Portugal, wo die größten Korklieferanten saßen und entwarf Schalen, Untersetzer und auch Wände aus Kork.

Heute gibt er Idee und Konzept vor und bringt die Skizze zum Modellbauer, und "der fummelt, bis das Ding steht". Aus seinen ersten Kollektionen hat sich nichts bis heute im Sortiment erhalten; die Branche ist so schnelllebig wie die Mode. Zudem seien die Schwerpunkte sehr zeitbezogen: "Wenn ich einmal einen Trend verpenne, bin ich weg vom Fenster." Doch dank ständig neuer Ideen genießt er weiterhin die gute Aussicht.

In den 80ern etwa war es High Tech: chrom, weiß, stilisiert. Heute, so sagt er, sind es ein Dutzend Trends gleichzeitig, die den Markt überschwemmen. Erfolgreich war Räder auch mit seinem Papier-Wurf, "da kam die alte Schriftsetzer-Seele durch". Verwendet wird hochglänzendes Cromolux-Papier, das etwa zu Fensterhängern verarbeitet - und plagiiert wurde, damals in den 80ern der erste böse Fall von Produktfälschung für die Bochumer. Den sie gut überlebten: Wenn andere auf den Zug aufspringen, ist Räder-Design längst eine Station weitergefahren: "Wir verharren nicht, es ist ein fließender Prozess." Das handgeschöpfte Papier stammt aus Japan, hat dank längerer Fasern ganz andere Eigenschaften, so lässt es sich knubbeln und ist anschließend wieder glatt wie gebügelt. Überhaupt Asien: Auf seinen zahlreichen Reisen durch China, Japan etc. lässt sich der Bochumer anregen, variiert so manche kunstgewerbliche Feinarbeit und stellt sie in einen neuen Kontext. Wie etwa beim Schiefer: Platten, dezent bedruckt, dienen als Untersetzer und Accessoires bei Tisch. Für einen aufwändig gestalteten dreidimensionalen Kalender erhielt er den japanischen, später auch den deutschen Kalenderpreis. Zurzeit tüftelt Hartmut Räder, dem zwei feste Designer und vier externe zur Seite stehen, am Material Bambus, in Asien seit Jahrhunderten ob seiner Stabilität, Flexibilität und Vielseitigkeit geschätzt. "Ich versuche, Bambus für alle möglichen Bereiche in der Küche einzuführen."

Der aktuelle Renner ist "Poesie et Table", bei dem Essen und Lyrik miteinander verbunden werden. "Ähnlich wie in den asiatischen Weisheiten verwenden wir Sinnsprüche oder Schlagworte rund um Kochen und Genießen." Auch dafür gab's übrigens kürzlich den Designpreis 2008, einer von insgesamt 45, die Räder mit seinen Produkten inzwischen erringen konnte.

Heute sagt der Firmenchef: "Wir gehören zu den am meisten plagiierten Firmen."