Bochum. Die Düsseldorfer Künstlerin nimmt bei Sirius Sounds ihre erste CD auf. Das Bochumer Studio ist auf die Produktion von Hip-Hop spezialisiert.
Es war auf einem Hip-Hop-Jam, als Rapperin Tice ihren künftigen Produzenten Mo kennen lernte. Die Bühne war offen, verschiedene Rapper griffen zum Mikrophon. Dann betrat sie, als einzige Frau, die Bühne. „Einen Kopf kleiner als der Rest – und trotzdem war da eine unglaubliche Präsenz“, erinnert sich Mo. Jetzt nimmt die 31-jährige Rapperin aus Düsseldorf ihr erstes großes Album auf, und zwar im Hip-Hop-Studio Sirius-Sounds, ganz in der Nähe des Bermudadreiecks.
Düsterer Rap als Inspiration
Diese Präsenz, die man nicht nur live beim Hören ihrer Lieder spürt, verdankt sie vor allen Dingen ihrer Stimme: rau, verraucht, authentisch. In ihren Songs trifft gefühlvolle Zerbrechlichkeit auf rohe Kämpfermentalität, niemals aber auf Kitsch. Aufgewachsen ist Tice in Velbert-Langenberg. „Für die dortigen Verhältnisse war da ein sozialer Brennpunkt“, sagt sie. Mit 15 fing sie an zu rappen, inspiriert von düsterem Straßen-Rap wie dem der Frankfurter Szene-Legende Azad.
Lyrisches Feingefühl
Guter Rap dieser Sorte blickt aus der Froschperspektive auf die Gesellschaft, spricht soziale Missstände an, immer aus dem Blickwinkel der Benachteiligten heraus. Die meisten Vertreter des Genres haben Migrationshintergrund. Damit, so Tice, habe sie sich mehr identifizieren können als mit dem mittelständischen Spaß-Rap der Fantastischen Vier oder von Fettes Brot. „So etwas hatte vorher in Deutschland gar nicht stattgefunden“, sagt sie. Hip-Hop in den 90ern war überwiegend friedlich und studentisch. Düsterer Rap, mit kritischen, teils brachialen Texten bildete bald darauf ein Gegengewicht – und die Inspiration für Tices eigene Musik. Seit sie 16 ist, war sie auf allen möglichen Jams unterwegs.
Einige Songs ihres Albums sind schon fertig: In denen begleitet der Hörer Tice, wie sie „durch die Straßen schlendert, mit Augenrändern“ bis an seelische Grenzzustände: „Leg’ mein Herz ins Eisfach/lass’ es frieren, bis es platzt.“ Tice matert sich in ihren Texten selbst, bis nur die Trümmer einer Frau übrig bleiben – nur, um sich dann mit stolzgeschwellter Brust wieder neu aufzubauen. Es ist Kämpfermusik, aber ohne Kitsch und falsches Pathos. Dafür mit einer unverwechselbaren Stimme und lyrischem Feingefühl.
Ein Veröffentlichungsdatum für Tices Album steht noch nicht fest. Wer neugierig ist, kann auf Youtube aber schon ihre EPs „Each One Teach One“ und „Trümmerfrau“ anhören, oder ihren jüngsten veröffentlichten Song: „Weißer Teint, schwarze Seele“.