Bochum. Vier junge Menschen haben in Hofstede eine WG gegründet. Das Besondere daran: Sie haben alle eine Behinderung.

Wenn vier junge Menschen zwischen 26 und 30 Jahren gemeinsam eine WG gründen, ist das erst einmal nicht ungewöhnlich. Wenn diese vier aber aufgrund körperlicher und geistiger Beeinträchtigungen – alle in Maß – auf Betreuung und Begleitung im Alltag angewiesen sind, ist das ein großer Schritt. „Ich wollte ein ganz normales Leben. Für die Wohngruppe bin ich zu fit“, bringt es Sven Hannenberg (27) auf den Punkt und spricht damit seinen drei Mitbewohnern aus der Seele. Sie nicken zustimmend.

Am frühen Abend haben sie sich alle um den Tisch in der Küche ihrer Wohnung versammelt, in der sie seit kurzem gemeinsam leben. Jeder von ihnen hat ein Zimmer für sich, es gibt ein Wohnzimmer, einen Balkon und sogar ein Gästezimmer. Aber in der Küche, „da gibt es die lustigsten Situationen“, erzählt Benjamin Holland (28).

Mansardenwohnung renoviert

In den vergangenen Wochen haben die vier zusammen mit Hilfe ihrer Familien und Betreuern die Mansardenwohnung renoviert. „Wir verstehen uns alle gut“, fügt Sven hinzu. Und Johanna sagt: „Alles hier ist schön.“

Johanna Mengel, mit ihren 30 Jahren die Älteste der Truppe, lebte bis vor kurzem in dem integrativen Mehrgenerationen-Wohnprojekt Claudius-Höfe. Doch sie fühlte sich dort nicht wohl, wollte mehr Gemeinschaft. Deshalb trat sie an das Christopherus-Haus heran, das betreutes Wohnen für „seelenpflegebedürftige Menschen“ organisiert. „Die vier haben sofort gut zusammen gefunden“, erzählt Janine Podzuweit vom Christopherus-Haus, die, wie sie sagt, dafür sorgt, dass die WGler „das Leben so gut wie möglich selbstständig erreichen können.“ Alba Strauß (26) vervollständigt das Quartett. Zusammen mit Sven und Benjamin arbeitet sie in den Werkstätten des Christopherus-Hauses.

Struktur des Alltags als Herausforderung

Alles ist frisch renoviert und dekoriert: Bei Sven schmücken BVB-Fahnen die Wand über seinem Bett, Benjamin erarbeitet gerne Bügelmotive, mehrere hat er an seinen Schrank geheftet, Johanna reitet und malt gerne und Alba spielt Flöte. Die größte Herausforderung bei dem Vorhaben sei die Struktur des Alltags, da jeder der vier Bewohner auf unterschiedliche Hilfen angewiesen sei, erzählt Janine Podzuweit, die jeden Tag nach dem Rechten sieht. „Aber bisher läuft alles positiv“, sagt sie. „Es ist toll zu sehen, wie sehr sie sich gegenseitig helfen.“  „Zusammenhalten ist wichtig“ bestätigt Sven.

So wie neulich, als Benjamin einen Döner mit Salat bestellen wollte und der Imbissbesitzer ihn einfach nicht verstand. Da rief er Johanna an, die ihm sofort zu Hilfe kam. Am meisten freuen sich die vier auf gemeinsame Aktivitäten. Spieleabende, Kinobesuche, gemeinsames Kochen. Und wenn man Alba, die vorher bei ihren Eltern gelebt hat, fragt, ob sie die vermisse, antwortet sie trocken: „Natürlich nicht.“