Bochum. Die WAZ öffnete die Pforten des Vonovia Ruhrstadions: Zehn Leser durften hinter die Kulissen des Zweitligisten blicken.
Die Geschichte mit Norbert Nigbur erzählt Frank Wiemann besonders gern. In den 70er Jahren trat der FC Schalke 04 beim VfL an. Zum Wiederanpfiff blieb die Kiste der Knappen zur allgemeinen Verblüffung leer: Der Schalker Torhüter fehlte. Erst nach drei Minuten stürmte Nigbur auf den Platz. „Er musste in der Halbzeit dringend aufs Klo. Gerüchte besagen, dass ein Bochumer Spieler kurzerhand die Gästekabine abgeschlossen hat, als der Rest der Mannschaft schon draußen war. Nigbur musste vom Hausmeister befreit werden“, grinst Frank Wiemann – und die zehn Leser mit ihm. Episoden wie diese gab’s in dieser Woche reichlich beim WAZ-Fantreffen im – man muss sich noch dran gewöhnen – Vonovia-Ruhrstadion.
Als freiwilliger Helfer (Volunteer) des VfL Bochum führte Frank Wiemann die WAZ-Gruppe durch das Schmuckkästchen „anne Castroper“. Die Leser: allesamt eingefleischte, meist langjährige Anhänger unserer Blau-Weißen. Ihr Wunsch: Einblicke hinter die Liga-Kulissen zu gewinnen, die Otto Normalfan verwehrt bleiben. „Und ein Gespräch mit Spielern gibt’s ja auch nicht jeden Tag“, ergänzen Cobie Kromhout (63) und ihr Kollege Benjamin Birkefeld (20).
Ball kaputt – Spiel zu Ende
Bis zum Plausch mit den Profis wird die Arena erkundet. Frank Wiemann startet die Tour im Stadioncenter. Genauer: in der Ahnengalerie, wo grobkörnige Schwarz-Weiß-Fotos die Wurzeln des VfL bei der SV Germania Anfang des 20. Jahrhunderts dokumentieren. „War der Ball kaputt, war das Spiel zu Ende“, berichtet Wiemann. Warum? „Es gab nur den einen.“
„Der schöne Hans“ Walitza, der ewige Ata (der der Gruppe wenig später über den Weg läuft) und die geniale UEFA-Cup-Truppe in ihren Papageien-Trikots: Zu jedem Foto liefert das lebende VfL-Lexikon eine Story – inklusive des traumatischen Fehltritts von Edu: „dem einzigen Brasilianer, der nicht Fußball spielen kann.“ Die mit Nigbur hat er passenderweise in der damaligen Umkleide parat, die heute von der VfL-Jugend genutzt wird.
Das Mediencenter (mit Probesitzen auf dem Pressepodest), die „Stadtwerke Lounge“ für die betuchtere Klientel (mit Blick auf die Schalke-Arena!), der blau-weiß illuminierte Spielertunnel samt Stollentapete und Fotogalerie mit der Parole „Wir stehen hinter euch!“: Die Fans lernen das Innenleben ihres VfL kennen. Dann geht’s dorthin, wo es wichtig ist: „auf’n Platz“. Fast andächtig hocken die Gäste auf der Trainerbank, die zwecks besserer Sicht zur neuen Saison um einige Zentimeter erhöht wurde. Einem Leser fällt’s sofort auf: „Die Tore fehlen!“ Für leidgeprüfte Stadiongänger wahrhaft keine neue Erkenntnis.
Nach dem Heimspiel gegen Hannover Ende August werde ein neuer Rasen verlegt, kündigt Frank Wiemann an. Darauf glänzen dann hoffentlich Interims-Kapitän Felix Bastians („demokratisch vom Trainer gewählt“), Mittelfeldmotor Toto Losilla und Neuzugang Marko Stiepermann, die zum Abschluss für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Bahnbrechende Neuigkeiten bleiben zwar aus. Der Aufstieg werde schwer, heißt es, sei aber zu schaffen. Der Trainer sei ein großer Motivator, heißt es, „Kritik ist immer gut“. Die Mannschaft sei „menschlich hervorragend“, heißt es, auch wenn es Zeit brauche, die vielen Abgänge zu kompensieren.
Für die Leser sind die über drei Stunden gleichwohl ein Gewinn. Ach ja: Eine Frage ist noch offen. Haben die Bochumer damals eigentlich von der Aussperrung von Nigbur profitiert? Auch diese Antwort von Frank Wiemann fällt für die Immer-und-ewig-Fans wenig überraschend aus: „Der VfL hat die torwartlosen Minuten leider nicht für ein Tor nutzen können.“
Schalke hat trotzdem gewonnen.