Bochum.. Seit sechs Jahren nutzen findige Künstler die Kunstkirche am Steinring für Installationen, die staunen lassen. Bildband gibt jetzt einen Überblick


Der eine legt tausende Plastiktüten auf den Boden und formt daraus das Wort „Sehnsucht“. Die andere hängt unzählige, blau blühende Hyazinthen unter die Decke. Die nächste formt zerbrochene Spiegel zu einem großen Mosaik, und ein anderer taucht das ganze Kirchenschiff in majestätisches Blau. . .

Kein Zweifel: Was in der Kunstkirche Christ-König (K.I.C.K.) am Steinring in den vergangenen sechs Jahren passiert ist, verdient nicht nur unter Kunstkennern großen Respekt. Doch weil die ungemein cleveren Installationen, die oft nah am Spektakel gebaut sind, immer nur wenige Wochen zu sehen und dann verschwunden sind, ist jetzt ein Sammelband erschienen. Darin finden sich all die Installationen mit vielen Bildern ansprechend für die Nachwelt aufbereitet.

Die Christ-König-Kirche, die über 75 Jahre als Gotteshaus genutzt wurde, ist seit dem Kulturhauptstadtjahr „Ruhr 2010“ zur Kunstkirche avanciert. „Ab 2010 hätte die Kirche leer gestanden, da haben wir uns überlegt, die Räume anders zu nutzen“, erinnert sich Propst Michael Ludwig.

Das Besondere: Die Kirche ist keine bloße Ausstellungshalle. Die Künstler werden dazu aufgefordert, mit dem Raum zu spielen und ihre Arbeiten konkret für das Kirchenschiff zu gestalten. Immer ist dies übrigens an religiösen Motiven orientiert. „Dafür stand uns kein Geld von Ruhr 2010 zur Verfügung“, sagt Ludwig. „Alles funktioniert auf Spendenbasis.“

„Das musste am Anfang richtig knallen“

„Da geht mir ein Licht auf“: Paul Estrell verwandelte die Christ-König-Kirche im Jahr 2010 in ein Meer aus Lichtern und Augenpaaren.
„Da geht mir ein Licht auf“: Paul Estrell verwandelte die Christ-König-Kirche im Jahr 2010 in ein Meer aus Lichtern und Augenpaaren. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool

Und das ging gleich munter los: Mehrere Ausstellungen, eine Performance im Rahmen des Figurentheater-Festivals „Fidena“ und eine Lesung mit Dietmar Bär und Bastian Pastewka bildeten im Jahr 2010 den Auftakt. „Uns war klar: Das musste am Anfang richtig knallen“, sagt Ludwig. Nachhaltig beeindruckend war eine Installation der Bochumer Künstlerin Dorothee Bielfeld, die unter dem Titel „Aufrichten“ sämtliche Kirchenbänke hochkant in den weiten Raum stellte. Seither nehmen die Besucher bei Veranstaltungen und den „Ü 30“-Gottesdiensten (sechs Mal im Jahr) auf Stühlen Platz.

Demnächst rollt ein riesiger Holz-Ball durch die Kirche

Imposante Kunstdarbietungen waren seither zu sehen: Gern erinnert man sich an „100 Kilometer“ von Danuta Karsten, die 2013 weiße Stoffbänder durch das Schiff spannte und den Raum dadurch völlig verzauberte, und an eine Installation des Berliner Lichtkünstlers Paul Estrell.

Als nächstes Projekt wird Künstler Martin Steinert in der Christ-König-Kirche einen riesigen Ball mit einem Durchmesser von acht Metern bauen. Der Ball besteht aus Dachlatten, die zusammen 1,2 Kilometer lang sind. „Wie er das machen will: Wir wissen es noch nicht“, sagt Propst Ludwig und schmunzelt. Gegen Ende der Sommerferien soll es soweit sein. Mal sehen, was dann auf uns zurollt...

Ausstellung zeigt Millionen kleiner Flugsamen


Noch bis 31. Juli ist in der Kunstkirche Christ-König (Steinring 34) die Ausstellung „Der dritte Tag“ von Angela M. Flaig zu sehen. Mit sagenhafter Präzision und Fleißarbeit hat die Künstlerin Objekte modelliert, die aus x-Millionen kleiner Flugsamen bestehen. Geöffnet: Sa. von 14 bis 17 Uhr, So. von 12 bis 15 Uhr. Eintritt frei. Den Katalog (10 Euro) gibt es in der Ausstellung und in der Pfarrei St. Peter und Paul (Bleichstr. 12): 0234 / 14 71 5