Bochum.. 64-Jähriger musste Kreuzfahrt krankheitsbedingt stornieren. Die Versicherung lehnt die Erstattung der Reisekosten ab und verweist auf die Vorerkrankung.
Es sollte ein Traumurlaub werden. „Doch es ist bis heute ein Albtraum“, sagt Hans-Peter Spiller. Trotz einer Reiserücktrittsversicherung droht der 64-Jährige auf 2000 Euro sitzen zu bleiben. Die Versicherungsgesellschaft lehnt jegliche Erstattung ab. Auch die Verbraucherberatung macht dem Bochumer wenig Hoffnung. Grund: eine Depression, die als Vorerkrankung gewertet wird und einen Versicherungsschutz ausschließt.
„Wir wollten uns etwas gönnen“, berichtet Hans-Peter Spiller. Mitte 2015 war er als langjähriger Sicherheitsmitarbeiter bei der Bahn in den Ruhestand gewechselt. Malta, Italien, Griechenland: Eine einwöchige Mittelmeer-Kreuzfahrt auf dem TUI-Dampfer „Mein Schiff“ sollte im Juli 2015 den Start in den neuen Lebensabschnitt mit seiner Lebensgefährtin (56) versüßen. 2300 Euro pro Person überwies Spiller vier Monate vor Reisebeginn an den Veranstalter. Zudem schloss er eine Rücktrittsversicherung bei der „Hanse Merkur“ ab. „Ich dachte mir: Sicher ist sicher.“
Neuer depressiver Schub setzte ein
Das dachte er nicht von ungefähr. Seit 2005 leidet Spiller unter einer Depression. „Allerdings war die ärztliche Behandlung im Januar 2015 abgeschlossen – und erst recht bei der Buchung der Reise im März“, betonen Spiller und sein Anwalt Axel Kreft (Dortmund).
Gleichwohl musste der Neu-Rentner seinen Urlaub kurzfristig stornieren: „Zwei Wochen vor der Reise setzte völlig unerwartet ein depressiver Schub ein. Wir hatten uns auf die gemeinsame Reise gefreut wie Kinder auf Weihnachten. Doch sowohl meine Hausärztin als auch eine Fachärztin im Knappschaftskrankenhaus Lütgendortmund haben mir von der Reise abgeraten und mir entsprechende Atteste ausgestellt. Ich habe schweren Herzens abgesagt. Meine Partnerin ist allein gefahren.“
Immerhin: Hans-Peter Spiller glaubte sich abgesichert. Ein Irrglaube, wie sich alsbald herausstellte. Zunächst über seinen Anwalt, später über einen Berliner Ombudsmann versuchte Hans-Peter Spiller, seine Versicherung in die Pflicht zu nehmen. Vergeblich. Die „Hanse Merkur“ weigert sich, auch nur einen Euro der Stornokosten von rund 2000 Euro zu übernehmen.
Das sagt die Versicherung
Auf WAZ-Anfrage erklärt Sprecherin Gabriele Rolfes warum: „Versichert ist u. a. der Eintritt einer unerwarteten und schweren Erkrankung. Bei Depressionen gehört es zum Wesen der Erkrankung, dass sich Phasen des Wohlbefindens mit teilweise rapiden Verschlechterungen abwechseln können. Bei Krankheiten, die bekanntermaßen in Schüben verlaufen, stellt eine Verschlechterung keinen ungewöhnlichen Verlauf dar. Daher kann die erneute Episode der Depression nicht als unerwartete Erkrankung bewertet werden.“ Hinzu komme: „Herr Spiller war bis Januar 2015 in Behandlung. Die Buchung erfolgte im März. Erkrankungen, die sechs Monate vor Buchung einer Reise behandelt wurden, sind beim Rücktritt explizit ausgeschlossen.“
Spiller, dessen Anwalt von einem „Grenzfall“ spricht, setzt zwar noch auf das weitere Verfahren des Ombudsmanns. Hoffnung auf eine Erstattung dürfe er sich aber nicht machen, erklärt die Verbraucherberatung. Die nächste Traumreise bleibt für den Rentner mit schmalem Geldbeutel wohl ein Traum.
Vom Traumurlaub bleibt nur Frust
Häufig kommt es zu Problemen, wenn Kunden wegen einer Krankheit ihre Reiserücktrittsversicherung in Anspruch nehmen wollen, berichtet die Verbraucherzentrale. „Es muss tatsächlich eine unerwartete und schwere Erkrankung vorliegen, etwa ein Beinbruch. Dessen sind sich viele Verbraucher nicht bewusst“, weiß Beraterin Anja Grigat und empfiehlt die Policen nur bei teuren, weit im Voraus gebuchten Reisen.
Bei allen Leiden, denen eine Vorerkrankung vorausgeht, sei der Versicherungsschutz nahezu ausgeschlossen. „Beispiel: Jemand ist herzkrank und schließt deshalb eine Rücktrittsversicherung ab. Das ist rausgeschmissenes Geld“, warnt Anja Grigat.
Für Hans-Peter Spiller erkennt die Verbraucherschützerin kaum eine Chance. „Bei jahrelangen Depressionen ist jederzeit mit einem Rückfall zu rechnen. Dieses Risiko deckt keine Versicherung ab.“