Bochum-Gerthe. Bövinghauser Hellweg wird zur Heimat für 120 Flüchtlinge. Anwohner schauen sich die mobile Wohnanlage neugierig an – etwas Sorgen haben manche schon.

Sorgenvoll, aber nicht ängstlich blickt die Frau, die direkt nebenan wohnt, auf die nagelneue Containeranlage am Bövinghauser Hellweg. Wenn dort in der nächsten Woche die Flüchtlinge von der Turnhalle an der Heinrichstraße einziehen, die jetzt vorübergehend an der Kollegstraße leben, ist ihre Nachbarschaft mit einem Schlag um 120 Menschen reicher.

„Ich habe das schon mal erlebt“, sagt die Nachbarin. „Damals in den 90er Jahren kamen viele vom Balkan hierher. Die haben fast an derselben Stelle gewohnt.“ Einfach sei das nicht immer gewesen. „Die kulturellen Unterschiede sind schon groß“, sagt sie, „und viele sind vom Trauma des Krieges gezeichnet.“ Ob sie sich für die Flüchtlinge künftig engagieren will, lässt sie offen. „Das muss ich mir erst in Ruhe anschauen.“

So wie diese Frau haben viele Gerther am Freitagnachmittag die Gelegenheit genutzt, einen Blick in die neue Containeranlage zu werfen, ehe die Awo als Betreiber sie in den nächsten Tagen freigeben wird. 120 Menschen, größtenteils aus Syrien und dem Irak, sollen dort eine vorübergehende Heimat finden. Zunächst für drei Jahre hat die Stadt die Wohncontainer angemietet, eine Verlängerung ist möglich. Kosten: drei Millionen Euro. „Eigentlich teuer daran ist aber nicht die Miete, sondern das Auf- und Abbauen der Container“, sagt Sozialamtsleiterin Ute Bogucki.

Vier Personen teilen sich einen Container

Jeweils vier Personen teilen sich einen Container. Die Einrichtung ist karg, aber zweckdienlich. Es gibt eine kleine Küche, ein Bad mit Dusche und einen engen Schlafraum. Die Sonne heizt die Container mächtig auf. An einem Detail würden viele Asylsuchende besonders hängen: an den Rollläden. „Das gibt ihnen das Gefühl von Privatsphäre“, sagt Ute Bogucki.

Worauf viele Flüchtlinge dankbar verzichten, ist die automatische Anlieferung des Essens – wie sie in anderen Unterbringungen üblich ist. „Die Menschen wollen selber entscheiden, was sie kochen. Das sichert ihnen auch einen geregelten Tagesablauf“, sagt Ute Bogucki. In einem Versammlungsraum, der Platz bietet für Deutsch- oder Nähkurse, soll bald auch ein Kochkurs für Männer angeboten werden.

Hilfsbereitschaft weiterhin groß

Ein Sozialarbeiter und zwei Betreuer kümmern sich um die Asylsuchenden. Hinzu kommt ein Sicherheitsdienst, der rund um die Uhr vor Ort ist. Zudem wird das Gelände eingezäunt: „Damit wollen wir die Flüchtlinge nicht abschotten, sondern einfach etwas Schutz bieten“, meint Ernst Steinbach, Geschäftsführer der Awo Ruhr-Mitte. Einlasskarten sollen sicherstellen, dass keine Fremden aufs Gelände gelangen.

Blick in einen Wohncontainer am Bövinghauser Hellweg: Vier Personen sollen hier demnächst leben. Die Einrichtung ist karg, aber zweckdienlich.
Blick in einen Wohncontainer am Bövinghauser Hellweg: Vier Personen sollen hier demnächst leben. Die Einrichtung ist karg, aber zweckdienlich. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv

„Die Atmosphäre ist ganz nett. Und die Wohnanlage ist nicht so riesig.“ Einige Anwohner halten die Container in ihrer Nachbarschaft durchaus für okay. „120 ist eine gute Zahl. Besser, als wenn hier 450 Menschen leben würden“, sagt eine Frau. Eine andere hat gleich eine Gefahrenquelle ausgemacht: Im hinteren Teil wuchert Bärenklau. „Das kann giftig sein“, sagt sie. Die Stadt verspricht, die Pflanzen vor Ankunft der Flüchtlinge noch rasch zu entfernen.

Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sei weiterhin groß, berichtet Bezirksbürgermeister Henry Donner (SPD). „Es gibt viele ehrenamtliche Helfer“, sagt er. „Auch die Kirchen leisten großartige Arbeit.“ Henry Donner plant, alle ehrenamtlichen Helfer zu einem Treff ins Amtshaus Harpen einzuladen, um mit ihnen weiter ins Gespräch zu kommen. „Das wird vor oder kurz nach den Sommerferien geschehen.“