Die Kunsthallen Rottstraße 5 sind ein herausfordernder Ort: Die Galerie befindet sich in zwei kahlen, weiten Tonnengewölben unter den Gleisen der Eisenbahn. Alle paar Minuten poltert, wie im Theater Rottstraße nebenan, der Vorort-Zug drüber weg und lässt alle Gespräche verstummen. Und verändert den Raum, denn die Erschütterungen, die die Glückauf-Bahn verursacht, sind körperlich zu spüren. Das Setting ist also eine ziemliche Herausforderung, auch für die Absolventen der Hochschule für bildende Künste (HBK) aus Essen. Und das sollte auch so sein.
Besondere Lichtsituation
Organisiert hat ihr kreatives Gemeinschaftswerk namens „unter Gleisen“ der Bochumer Künstler Christian Gode. Er ist Lehrender am HBK, die Exposition war als Bachelor-Projekt für Studierende aus dem Fachbereich Bildhauerei/Plastik als Seminarabschluss angeregt. Zweck der Übung: Die Studis sollten sich mit den spezifischen Bedingungen eines Off-Raums künstlerisch auseinandersetzen. „Die Hallen unter der Bahnbrücke haben durch die ungewöhnliche Architektur mit besonderer Lichtsituation und Akustik einen besonderen Reiz“, so Gode. Den galt es, in den Beiträgen aufzunehmen.
Entstanden sind Werke, die sich auf die Architektur der Hallen beziehen oder sich künstlerisch mit der Geschichte und ihren Bezug zur Bahn auseinandersetzen. Das Spektrum ist weit gefasst: Licht- und Klanginstallationen, Videoprojektionen sowie Objekte und Skulpturen sind zu sehen, entsprechend dem jeweiligen künstlerischen Schwerpunkt. Andre Bagh hat eine Glasplatte unter die Decke gehängt, auf der ein Weinglas steht. Wenn der Zug oben rollt, bewegt sich das Gebilde, verändert sich und den Anblick für den Betrachter. Beate Gärtner hat sich in ihrer verspielt-komplexen LED-Installation Zug-Anzeigentafeln aus Bahnhöfen zum Vorbild genommen. Und Britta Frechen hat die Kunstwerke der 14 anderen fotografiert, die Abzüge skulptural verändert und zu einem luftigen Mobile arrangiert, das tanzende Schatten an die Wand wirft. Alles hier steht in Beziehung zu diesem besonderen Ort „unter Gleisen“. Eben das macht die Schau interessant. Sie ist abwechslungsreich, ohne beliebig zu wirken.