Wenn man die Wohnung von Stefan Lakatos betritt, dann ist das wie eine Zeitreise. So sahen früher die Zimmer aus: ein gepflegtes Durcheinander aus Kerzen, Flaschen, Noten, Koffern, Buchregalen und Utensilien aller Art. Mittendrin ein Bett, mit Überwurf. „Hippie-like“ könnte man sagen. Was woanders retro wirken würde, ist bei Stefan Lakatos allerdings zutiefst authentisch. Er kommt aus jener Zeit, in der „Give peace a chance“ nicht bloß eine Losung, sondern Lebensentwurf war. Aus jener verrückten auch verwirrenden Zeit Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre, in der er Moondog kennenlernte.
„Ich lebte in Stockholm“, sagt der Schwede Lakatos, der nun in Bochum heimisch ist. Dort war er auf Moondog, der damals im Wikinger-Outfit auftrat, und auf dessen Musik aufmerksam geworden. „Eine seltsame Begegnung“, erinnert er sich. Wohl wahr: denn Lakatos hat sein Leben seitdem ganz dem Künstler Moondog gewidmet. Seit dessen Tod 1999 ist er wohl der einzige, der einen authentischen Eindruck von der Kunst des blinden Komponisten vermitteln kann, die so eigentümlich wie selbstverständliche barocke Strukturen wie den Kontrapunkt mit minimalistisch-modernen Formen vereint.
Eine Besonderheit sind die Instrumente, die Moondog selbst entwickelt hat, um seine Musik so klingen zu lassen, wie er es sich vorstellte. In Lakatos’ Zimmer haben sie die Zeiten überdauert, etwa die Trimba, ein Perkussionsinstrument, das Moondog in den 1940er Jahren entwickelte. Stefan Lakatos ist ein Virtuose der Trimba: Am Handgelenk trägt er einen Glockenkranz, in der Hand hält er eine Rassel, die Linke schwingt ein Klangholz, und schon geht’s los: Zehn verschiedene Sounds lassen sich auf dieser dreieckigen Trommel zaubern. „His music is totally timeless“, sagt der Moondog-Schüler und -Freund bewundernd.
Dabei spielt für Beide – Moondog und Lakatos – ausgerechnet Bochum eine wichtige Rolle. Das hier ansässige Label Roof Music war vor über 20 Jahren das erste, das Moondog-Musik überhaupt verlegte und vertrieb. Moondog lebte damals im Ruhrgebiet, so kam auch Stefan Lakatos hierher. Und so ist es auch nicht unbedingt ein Zufall, dass beide – Moondog und Lakatos – bei der diesjährigen Fidena eine tragende Rolle spielen. Fidena-Intendantin Annette Dabs, bekennender Moondog-Fan, wird zum Festival-Auftakt am 4. Mai eine abendfüllende theatergerechte Performance herausbringen, die Moondogs Musik „endlich den öffentlichen Rahmen gibt, den sie unbedingt verdient“, wie Dabs sagt. Zum 100. Geburtstag des Künstlers wird das wohl auch Zeit!