Den Umbau zum Energiedienstleister und weitere Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energie hat Geschäftsführer Dietmar Spohn unlängst im Hinblick auf die Entwicklung der Stadtwerke Bochum angekündigt. Wie „grün“ das städtische Versorgungsunternehmen bereits ist und künftig sein will und welche Herausforderungen auf die Stadtwerke zukommen, darüber hat WAZ-Redakteur Andreas Rorowski mit dem 55-Jährigen gesprochen.
Herr Spohn, bis 2020 wollen die Stadtwerke ihren Anteil an grünem Strom auf 25 Prozent schrauben. Bundesweit liegt der Anteil schon bei 30 Prozent. Warum hängt Bochum hinterher?
Dietmar Spohn: Im Gegenteil – wir haben deutlich aufgeholt. Nach der Inbetriebnahme des Windparks Borkum im vergangenen Jahr sind wir jetzt bei etwa 20 Prozent durch erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung. Wenn wir auch den zweiten Teil des Windparks mit einer 20-prozentigen Beteiligung entwickeln sollten, was wir noch nicht entschieden haben, sowie durch unsere Zehn-Prozent-Beteiligung an der neuen Gesellschaft Trianel Erneuerbare Energien und durch unsere Zusammenarbeit mit dem Projektentwickler Abo Wind aus Wiesbaden würden wir gerechnet auf den Stromverbrauch in Bochum auf einen Zuwachs von 18 Prozent kommen. Davon entfallen zehn Prozent auf Borkum II und je vier Prozent auf Trianel Erneuerbare Energien und Projekte mit Abo Wind. Damit lägen wir 2020 deutlich über 30 Prozent.
Gibt es bundesweite Vergleichszahlen mit anderen Stadtwerken, was die Eigenproduktion erneuerbarer Energie betrifft?
Eine solche Statistik ist mir nicht bekannt. Ich kann nur in meinem eigenen Umfeld gucken. Ich glaube, da stehen wir so schlecht nicht da.
Muss der Anteil der Erneuerbaren mittelfristig noch größer werden?
Auf jeden Fall. Sie müssen sich als Energieversorger überlegen, wo sie investieren. Der Großkraftwerksbau fällt weg, weil kein großes Kraftwerk mehr gebaut wird. Wir investieren eine ganze Menge Geld hier in der Stadt. Und wenn wir außerhalb investieren wollen, dann können wir das momentan eigentlich nur im Bereich der erneuerbaren Energien tun.
Wie groß sind die Investitionen der Stadtwerke in Bochum?
Wir investieren in der Stadt im Jahr etwa 70 Millionen Euro – ins Stromnetz, in Anlagen, in die Fernwärmeversorgung oder in andere Netze. Da gibt es manchmal noch besondere Spitzen wie bei unserem Heizkraftwerk in Hiltrop, in das wir über zwei Jahre insgesamt 50 Millionen Euro gesteckt haben, oder das gemeinsame Projekt Unique mit der Ruhr-Uni für die Strom- und Wärmeversorgung von Querenburg. Dort investieren wir gemeinsam mit der Uni 25 Millionen Euro.
Wind ist der alternative Energieträger schlechthin. Zwölf des bundesweit 30 Prozent genutzten Ökostroms kommt aus Windparks an Land. Ihr Haus erwägt aber trotzdem, neuerlich viel Geld in eine Offshore-Investition beim Projekt Borkum II zu investieren. Warum?
Wir machen ja beides. Ich persönlich denke, die Windenergie ist in der Nordsee am besten aufgehoben, weil sie dort am wenigsten stört und besonders effizient ist. Aber die Risiken in der Nordsee sind natürlich deutlich größer als an Land, was Zugänglichkeit, Wartung oder Reparatur betrifft. Und deshalb muss ich als Unternehmen die Investitionen und das Risiko auf Offshore und Onshore verteilen. Ich bin aber fest davon überzeugt und hoffe unseren Aufsichtsrat auch davon zu überzeugen, dass wir in Offshore vor Borkum erneut investieren sollten. Auch weil es so viele Gelegenheiten und Konzessionen nicht mehr geben wird und weil die Flächen für viel Geld an Investoren verkauft werden. Wir haben hier die Hand auf der Konzession. Und die Gelegenheit sollten wir nutzen. Ich glaube, dass wird zumindest für uns als Stadtwerke Bochum die letzte Gelegenheit sein, in der Nordsee zu investieren. Zumal wir das Projekt vor Borkum wieder selbst mit entwickeln und nicht ein Teil der Gewinnmarge bei einem Projektentwickler bleibt.