Bochum. . Bis Ende Mai kreist die Motorsäge überall im Stadtgebiet. Stadt begründet die Aktion mit Krankheit, Altersschwäche und Sturmschäden - und stößt auf Kritik.

Die Bochumer werden in Kürze viele weitere Bäume verlieren. Der Technische Betrieb der Stadt hat angekündigt, bis Ende Mai weitere 524 Bäume auf öffentlichem Grund zu fällen: an Straßen, in Grünanlagen, an Sportplätzen, an Schulen und öffentlichen Gebäuden. Das trifft auf scharfe Kritik der Sozialen Liste im Rat, weil es nicht genug Neupflanzungen gibt. „Wir sehen in der außerordentlich negativen Baumbilanz einen deutlichen Verlust von Natur und Lebensqualität. Bochums guter Ruf als grüne Stadt nimmt weiteren Schaden“, sagt Günter Gleising, Ratssprecher der Sozialen Liste.

Bereits im September hatte die Stadtverwaltung die Fällung von rund 370 Bäumen im Winterhalbjahr 2015/16 mitgeteilt. Grund sind Krankheiten (Pilzbefall etc.), Altersschwäche und Sturmschäden. Anfang März 2016 legte die Stadt aber noch einmal nach, weil es weitere Baumkontrollen gab. Dabei kam heraus, so Gerd Werdelmann, Leiter des Technischen Betriebs, „dass 524 Bäume Schäden aufweisen, die so stark sind, dass hier eine Baumfällung aus Gründen der Verkehrssicherheit eine unverzügliche Fällung unvermeidbar macht“.

Die Schäden seien noch auf den Sturm Ela von Pfingsten 2014 zurückzuführen, hätten aber auch andere Ursachen, insbesondere standort- und altersbedingte Faktoren oder parasitären Befall, die allesamt „erhebliche Krankheiten verursachen, die die Sicherheit des Baumes beeinträchtigen“.

Standsicherheit der Bäume sei gefährdet

Allein an der Markstraße werden 32 Bäume im „Straßenbegleitgrün“ entfernt, an der Berliner Straße 26 Stück, an der Kemnader Straße 22 Stück, am Werner Hellweg/Werner Straße zwölf Stück, an der Obernbaakstraße in Weitmar neun. Werdelmann betont, dass für ihre Standsicherheit bis zur nächsten Fällsaison 2016/17 „keine Gewährleistung übernommen werden kann“.

Die Anzahl von 524, räumt er ein, erscheine zwar hoch. Nur müsste sie auch im Vergleich zum Gesamtbaumbestand der Stadt verstanden werden: In Bochum, inklusive Stadtwald, gebe es mehr als 200.000 Bäume. Gegenüber der WAZ betonte er: „Wir fällen nicht leichtfertig. Es sind dringende Fälle, da muss was passieren.“

Über die 524 Bäume hinaus drohen noch weitere Sägeaktionen. Laut Grünflächenamt sind wegen des Sturms Ela geschätzt noch weitere 1500 Bäume „zu bearbeiten“: Das könnten baumerhaltende Pflegemaßnahmen, „aber auch Fällung“ sein.

Mehr Fällungen als neue Bäume

Nach „Ela“ hat die Stadt bereits mehrere hundert hochstämmige Ersatzbäume gepflanzt bzw. sie wird sie noch pflanzen. Die Gesamtzahl der Neupflanzungen ist aber deutlich geringer als die der Fällungen. Man sieht es etwa am Husemannplatz: Dort sind an prominenter Stelle gleich drei Baumscheiben völlig leer.

Um die Situation zu verbessern, will die Verwaltung „ein Stadtbaumkonzept“ erarbeiten, das neben eigenen Aktivitäten auch bürgerschaftliches Engagement einschließt. Wie genau das aussehen soll, ist noch unklar.

Sturm Ela raffte 14.500 Bäume im öffentlichen Raum dahin

In Bochum gab es vor dem Sturm Ela rund 37.000 Straßenbäume. Diese Zahl wurde in der Sturmnacht zum 10. Juni 2014 drastisch dezimiert.

Insgesamt kippten 3750 Straßenbäume um oder mussten nachher gefällt werden. Insgesamt fielen 14.500 Bäume im öffentlichen Raum dem Sturm zum Opfer, weitere 30 000 mussten baumpflegerisch bearbeitet werden.