Bochum. Die mit dem Museum für Zeitgenössische Kunst Wrocław realisierte Ausstellung „Wilder Westen“ zeigt Tendenzen der Avantgarde in Polen seit den 1960er Jahren.

Einem speziellen, gleichwohl spannenden Thema widmet sich das Kunstmuseum in seiner neuen Ausstellung. „Wild West – Wilder Westen“ vermittelt erstmals umfassend die Geschichte der Avantgarde in Wrocław seit den 60er Jahren. Eine Entdeckung!

Erinnerung an die deutsche Kultur

Wrocław/Breslau: Als Metropole des Deutschen Reiches mit einst 1 Million Einwohnern war sie die Hauptstadt Schlesiens, nach dem Krieg wurden Breslau wie die Gebiete jenseits der Oder polnisch, wobei die Erinnerung an die deutsche Kultur gegenüber der kommunistischen Neuordnung in den Hintergrund gedrückt werden sollte. Dass dies nicht vollständig gelang, dass vielmehr heute das deutsche Erbe ein wichtiger Teil der Internationalisierung Breslaus ist, daran haben gerade auch die polnischen Künstler Anteil.

Eine wilde Offenheit

Eben das vermittelt „Der wilde Westen“, eine Exposition, die das Kunstmuseum mit dem Zeitgenössischen Museum Wrocław realisiert. Zu sehen ist eine so komplexe wie letztlich politische Ausstellung, die Avantgarde-Tendenzen in der westpolnischen Stadt dokumentiert. Der „wilde Westen“ steht dabei für eine wilde Offenheit in der künstlerischen Auseinandersetzungen mit Polen, die auch aus der geografischen Lage heraus erklärlich ist. In der Grenzregion Wroclaw ging, was in der Hauptstadt Warschau undenkbar schien.

Schon bei oberflächlicher Betrachtung wird klar, wie lebendig das Kulturleben hinter dem angeblich „eisernen Vorhang“ war, wobei die Arbeiten keineswegs besonders polnisch erscheinen. Zwar greifen sie Bezüge zur Geschichte und der gesellschaftspolitischen Situation im Nachbarland auf, aber gleichzeitige sind auch Fluxus, Videokunst, Pop-Art unterschwellig wirksam, mithin im Westen entstandene Ausdrucksformen: Kunst kennt halt keine Grenzen. Und der Osten fand, jedenfalls in Breslau, raschen Zugang zum gerade von der studentischen Szene geprägten Kunstbetrieb jener Jahre.

Katalog für 25 Euro an der Museumskasse

Begleitend zur Ausstellung ist eine umfassende Publikation erschienen mit wissenschaftlichen Originalbeiträgen, Dokumenten und Abbildungen. Der Band, mehr Sachbuch als Kunstkatalog, macht es leichter, diese große, ja: überbordende Schau für sich zu erschließen. Die Beschäftigung mit der „Avantgarde in Breslau“ belegt, dass sie gar nicht zu weit von jener bei uns im Westen entfernt war.

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