Laer. .
Mitten in Bochum steht ein Stück Geschichte, 300 Jahre älter als der Kölner Dom – und wesentlich besser erhalten. Das Rittergut Haus Laer geht auf das Jahr 940 zurück. Seit 1780 ist es im Eigentum der Familie Frielinghaus, die in der wunderschönen Wasserburg in der mittlerweile 23. Generation auch heute noch wohnt. Allerdings nur in einem kleinen Teil, der Rest des Gebäudes mit feudalem Charakter ist von mietbaren Suiten, Apartments und Festsälen gesäumt, die vor Geschichte nur so sprühen. „Für Veranstaltungen aller Art, oder um einfach mal vom Alltag abzuschalten“, sagt Gutsherr Volker Frielinghaus.
Der alte Rittersitz ist quasi ein lebendiges Museum. Jedes Zimmer könnte Anlass für eine Geschichtsstunde sein. Beispiel gefällig? Jede der 20 prunkvollen Suites im Gästehaus ist einer historischen Person zugeordnet. In der „Kaisersuite“ hängt an der Wand eine Stammtafel von Kaiser Wilhelm III. – mit insgesamt 4096 Ahnen, originalen Kaiserurkunden und 300 Fotos der letzten kaiserlichen Familie. Gleich daneben befinden sich Ölbilder der deutsch-österreichischen Kaiserin. Und das ist nur ein kleiner Auszug. Zu jedem Detail weiß der Gutsherr, der auch Führungen anbietet, eine Geschichte zu erzählen.
Für Frielinghaus ist es das größte Lob, wenn die Menschen große Augen beim Betreten der Burg bekommen. Seit 1947 wohnt er in dem Anwesen, hat schon mit Kindesbeinen angepackt. Seit 1972 renoviert er eigenverantwortlich das Gebäude. Davor waren Teile des Rittergutes lange Zeit an einen Landwirt verpachtet. „Als ich es übernommen habe, war alles ziemlich heruntergekommen. Ich habe es aus der Substanz heraus wieder aufgebaut“, sagt der 75-Jährige: „Das hier waren alles leere Räume, nicht ansehnlich und alles andere als sicher.“ Das Dach undicht, das Gebäude gebrochen – doch die Gutsherrenfamilie krempelte die Ärmel hoch und ließ die Burg in altem Glanz erstrahlen.
Das Inventar hat Frielinghaus teils restauriert, teils nach dem Original-Verzeichnis nachgekauft oder in der eigenen Werkstatt gemacht. Dazu ist in allen Zimmer eine Kleinküche und ein Bad installiert worden. Selbst da finden sich historische Details. „Die Armaturen sind von meinen Urgroßeltern von 1905“, verrät der Gutsherr. Wer es dann noch braucht: Auch Fernseher gibt es trotz des sonst so geschichtsträchtigen Ambientes. Und sogar ein Whirlpool kann gemietet werden.
Aktuell ist nicht immer viel los, erst im Sommer drängen sich die Bewerber um die Termine. „Es könnte besser sein, aber es reicht“, sagt Frielinghaus: „Allerdings sind wird ja sowieso Sklaven des Anwesens. Mein letzter Urlaub war 1995.“ Zu tun ist nämlich immer etwas, wie das bei einem historischen Gebäude nun einmal so ist. Durch insgesamt fünf Personen wird das 20.000 Quadratmeter große Grundstück – mit übrigens 700 Fenstern – in Schuss gehalten. Bei Großveranstaltungen, bis zu 1000 Personen passen in die Festsäle, kommt natürlich externes Personal hinzu.
Die Preise sind erschwinglich, das Publikum ist dementsprechend breit gefächert, viele feiern besondere Anlässe in der Ritterburg. Daneben gibt es die historisch interessierten Besucher und diejenigen, die sich der Welt einfach mal entziehen wollen. „Ein Paar kommt jedes Jahr wieder und hat jetzt schon fast alle Suiten durch. Es war aber auch schon ein Ehepaar hier, das ein halbes Jahr in einem der Zimmer gelebt hat, weil die Frau im Sterben lag“, berichtet Frielinghaus. Nur eines mag er nicht: „Hier werden keine Abipartys gefeiert. Die sollen in die Disco gehen.“ Da hat der Gutsherr dann doch Angst um seine vielen Schätzchen.
Frielinghaus ist mit Leib und Seele Gutsherr, die Zukunft des Haus’ Laer ist aber auch schon gesichert. Er selbst hat zwei Kinder und eine 18 Jahre jüngere Gattin. Außerdem hat Frielinghaus noch zwei Geschwister, insgesamt sechs Kinder sind es in der nächsten Generation. „Da haben sich einige zur Nachfolge angemeldet. Nur wer es macht, ist noch offen“, sagt Frielinghaus: „Bis dahin bleibt es mein Lebensprojekt – und zwar mit Herz und Leidenschaft.“
Info: www.rittergut-haus-laer.de