Bochum.. Nicht unumstritten, aber ein Meilenstein für die Musikstadt Bochum: Ein Besuch mit Steven Sloane auf der Baustelle des Musikzentrums.
Konzertsaalbauten beginnen überall gleich. Vor Beethoven hat der Bauherr den Betonmischer gestellt. Vor Mozart den Mörtel. Oder „Einbautopf“, „Einbringöffnung“, „Haarfuge“, die „Stuhlreihe mit Trittschutz 63 Zentimeter“....
Während wir noch hilflos (was sicher Gummistiefeln und Bauhelm geschuldet ist) das Architektenlatein auf einem der Dutzend Pläne entziffern, ist der Mann, ohne den das alles vermutlich nie Stein geworden wäre, schon auf der Baustelle. Steven Sloane, Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker, hat sein Wort für den Aufenthalt zwischen Monteuren und Maschinen gefunden. „Gänsehaut!“, sagt der Mann, der den Glauben an ein eigenes Haus für die Musik der Bochumer Symphoniker nie aufgegeben hat.
Fast war es schon vorbei
Nie? Doch, es erinnern sich die Mitarbeiter an einen Herbsttag 2009. Es war der Tag, sagen sie, an dem es aussah, als wäre endgültig Schicht für den Traum vom Musikzentrum Bochum. Eingefordert von den Gegnern in Zeiten, da es in Bochums Stadtkasse an allen Enden und Ecken fehlt, da im Sozialen herbe Kürzungen drückten. Erschüttert registriert von den Befürwortern, deren Millionenspenden plötzlich ins Nichts laufen sollten.
„Ein Orchester ist so gut wie der Raum, in dem es spielt“
„Ich bin mit dem Gefühl der Ohnmacht nach Hause gegangen“, erinnert sich Sloane, „aber am anderen Morgen habe ich gesagt: Nein!“ War es der Amerikaner im Mann, der aus Los Angeles kam, und, längst geehrt als „Bürger des Ruhrgebiets“, nun schon 20 Jahre Bochums Orchester leitet, prägt – vor allem lobt? „Wenn einer einen Saal verdient, dann sie!“, sagt Sloane. Und: „Ein Orchester ist auch so gut wie der Raum, in dem es spielt. Hier wird es frei sein!“ Nein, entgegnet er, das kämpfende Stehaufmännchen, als alles vorbei schien damals, das sei nicht so sehr der Amerikaner in ihm: „Das bin ich. Das ist Steven Sloane.“
Natürlich ist ein Mann, der Schumann und Brahms zum Leben erweckt, fähig zu schwärmen. Sloane steht im halbfertigen Saal, ist stolz auf die große Nähe, die die Souterrain-Konstruktion zwischen Musikern und Publikum – 960 Plätze werden es sein – ermöglicht. Fast zärtlich streicht er übers helle Holz, „amerikanische Kirsche“ – aber „nicht meinetwegen“, sagt Sloane lächelnd. „Fein“ wird der Konzertsaal, weiß er, aber „nicht elitär“. Er spricht offen über Angriffe dieser Art. „Es sind viel weniger geworden, jetzt, wo die Menschen sehen, was wir bauen.“ Aber Elite? „Nein! Es wird so viel über Bildungsnotstand gesprochen. Hier entsteht ein echter Ort dagegen.“
Kirchenglocke läutet zum Konzert
Durch die Marienkirche wird der Besucher eintreten („Sloane: „Wer hat so ein Foyer?!“). Neugotik der 1860er, schon lange profaniert. Das hat Sloane begeistert, dass sie und nicht der schlichte helle Klinkerneubau zu ihren zwei Seiten Mittelpunkt des architektonischen Konzeptes ist. An der Ruhr folgt den Industriekathedralen nun eine der Musik. Eine Glocke bleibt. Sie läutet bald den Konzertbeginn ein.
Bochum bekommt ein Musikzentrum. Es wird nicht nur die Heimat der Symphoniker, auch die Musikschule ist hier zu Hause. Aber keine Gastronomie – Musikfreunde sollen einfach gleich gegenüber abtauchen: „Wir sind hier mitten im Bermuda-Dreieck und fühlen uns als Teil davon.“ Wie Sloane das sagt, klingt es nicht einmal nach Quadratur des Kreises.