Bochum. Bayern München kommt zum Pokalspiel nach Bochum. Obwohl der Rekordmeister haushoher Favorit ist, ist die Vorfreude an der Castroper Straße riesig.
Hätte es für die Begegnung am Mittwochabend doppelt so viele Karten gegeben, sie hätten wohl immer noch nicht für jeden Interessierten gereicht. Seit Wochen fiebern VfL-Fans und Verein diesem einen Spiel entgegen: dem Viertelfinale im DFB-Pokal gegen Bayern München. Die Rollen sind klar verteilt. Der VfL ist der klassische Außenseiter, der Rekordmeister aus München haushoher Favorit. Doch das schönste am Fußball ist ja, dass er immer wieder überrascht. Wie heißt es im schier unendlichen Fundus an Fußball-Phrasen so schön: „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze.“
VfL-Bochum-Fans planen Choreo
Um dafür die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen, wird an verschiedenen Stellen seit Tagen auf Hochtouren gearbeitet. Die aktive Fanszene hat eine Choreographie vorbereitet. Das Motiv ist natürlich geheim. „Es wird aber was Größeres“, verrät Dirk Michalowski, Fanbeauftragter des VfL.
Als die Mannschaft am Dienstag, anfangs begleitet von drei TV-Kameras, trainierte, fuhren Bier- und Würstchenlaster die Castroper Straße an, luden schnell ihre Ware aus, um Platz für die nächsten Lkw zu machen. „Was dann wohl erst im Halbfinale los sein wird“, sagt Jens Fricke, Sprecher des Vereins. Wobei das Losglück dem VfL ja erst wieder ein Heimspiel bescheren müsste, legt er nicht ganz ernst nach. Denn Fricke ist sich sicher: „Klar kommen wir weiter. Wenn die Bayern uns hier schlagen würden, dann wäre das ja schon eine Sensation.“ Hoch lebe der trockene Humor im strömenden Regen.
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Wie man gegen Bayern München bestehen kann, weiß Ex-VfL-Spieler Frank Benatelli ganz gut. Er traf 1991 beim einzigen Auswärtssieg des VfL in München zum 0:2 in der 81. Minute. Benatelli ist zwar nicht ganz so optimistisch, dennoch räumt er den Mannen von Trainer Gertjan Verbeek durchaus Chancen ein. „Wenn die Mannschaft mutig spielt, die Bayern aggressiv stört, dann ist alles möglich. Außerdem wird das Stadion ein Hexenkessel sein, die Fans die Mannschaft anpeitschen.“ Der Heimspieleffekt sei nicht zu unterschätzen.
Polizei ist vorbereitet
Auch die Polizei erwartet (zumindest vor dem Spiel) euphorisierte Fans und sieht sich gut vorbereitet. „Wir haben einen sehr erfahrenen Einsatzleiter und engen Kontakt zu den szenekundigen Beamten (SKB)“, so Volker Schütte, Sprecher der Polizei Bochum. Natürlich berücksichtige man bei der Einsatzplanung auch die Geschehnisse beim Bundesligaspiel zwischen Bayern und Schalke Ende November in Gelsenkirchen. Damals hat eine große Münchener Gruppe Schalke-Fans vor der Arena überfallen und verprügelt. An dem Angriff beteiligt sollen auch Fans des VfL Bochum gewesen sein, die wegen ihrer Fanfreundschaft zu den Bayern bei der Schlägerei mitmischten.
Eine Racheaktion von Teilen der Schalker Fanszene könne die Bochumer Polizei nicht ausschließen, aber man sei gut aufgestellt, um „schnell und angemessen“ zu reagieren, so Schütte. Der Polizist selbst hofft auf einen 2:1-Sieg des VfL Bochum und wünscht sich das Pokalfinale. Dann am liebsten gegen den BVB.
Als der VfL 1968 ins Finale zog
Auszüge aus dem Halbfinal-Spielbericht gegen Bayern München aus der WAZ von 1968:
"Die vollschlanke Dame öffnet erhitzt den obersten Knopf des Kostüms: „Nein, nein, so was...!“ stöhnt sie. Dabei läuft das Spiel gegen Bayern München erst sieben Minuten, und 60 Sekunden vorher ist das erste VfL-Tor gefallen. Behalten wir die Dame etwas im Auge...“
"41 000 Zuschauer sitzen und stehen im Stadion, als das Spiel so beginnt, als wäre es – nun, ebenso eine Nebensache und kein historisches Ereignis, wie über Lautsprecher kundgetan wird. Nach Jansens Führungstreffer bricht es aus der brodelnden Menge hervor wie aus einem Raubtier, das vom verschlafenen Knurren plötzlich zum hellwachen Brüllen wachgekitzelt ist. Die Bochumer wittern die Beute...“
"Erster Jubelschrei beim Halbzeitpfiff! Der Sprecher gibt ein Telegramm des Minenlegers Bochum durch: „Dicker Topp zu versenken!“ Das geschieht 27 Minuten später – beim 2:0. Die Dämme brechen, Polizei räumt das Spielfeld. Der OB blickt ausgesprochen heiter. Aus den Zuschauern fliegen Flaschen – jemand wird am Kopf getroffen! Böse Sache...“
"Der Schlusspfiff geht im Aufschrei der Menge unter. Das Münchener Gegentor in der 90. Minute hat kaum jemand bemerkt, auch nicht der Bayer, der resigniert seufzt: „Schaugst holt, so haben’s uns g’seift!“ Die Dame sieht sich um und knöpft hastig ihr Kostüm wieder zu."