Bisher gibt es noch keine Spur vom Georgier (24), der am Dienstag nach einem Prozess im Landgericht geflohen ist. Der wegen bandenmäßigen Diebstahls in U-Haft sitzende Levan Kakberidze ist jetzt „auch außerhalb des Bundesgebietes im Fahndungssystem der Polizei ausgeschrieben“, sagt Polizeisprecher Guido Meng. Zwar gibt es keinen Hinweis, dass der Gesuchte gefährlich oder bewaffnet ist, dennoch warnt Meng, eigenmächtig zu handeln. „Sollten Sie ihn sehen, rufen Sie die 110.“
Das Gericht klärt nun, warum der Hauptangeklagte fliehen konnte. Die beiden Wachtmeister, denen er entwischte, wurden leicht an den Knien verletzt. Einer hatte auch eine zerrissene Hose, weil er gestürzt war. Landgerichtspräsident Hartwig Kemner hatte kurz nach der Flucht mit einem gesprochen. „Er war sichtlich erschüttert. Blass bis zum Gehtnichtmehr“, sagte Kemner der WAZ.
Die beiden müssen jetzt genau erklären, wie das passieren konnte. Danach wird entschieden, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Nach Beendigung der Sitzung sollte der Gesuchte in seine Zelle im Keller des Gerichts geführt werden. Doch der 24-Jährige riss sich von einem Wachtmeister los und rannte durch eine „Schleuse“, die aus einer Tür und einem Rolltor besteht, auf einen kleinen Innenhof. Die Tür und das Rolltor hätten auf keinen Fall gleichzeitig geöffnet sein dürfen, weil die Schleuse so ihre Funktion verliert. Vom Hof rannte der Georgier durch ein weiteres geöffnetes Gittertor auf die Junggesellenstraße.
Im selben Moment hatte sein Verteidiger Michael Bonn rein zufällig mit dem Richter und dem Staatsanwalt über Hafterleichterungen gesprochen. „Dann hat sich das erledigt“, sagte Bonn gestern zur WAZ. Von der Flucht war er „absolut“ überrascht: „Das war nicht zu erwarten.“ Der U-Häftling saß seit mehr als einem Jahr 23 Stunden am Tag in seiner Zelle, eine Stunde hatte er Freigang.
Die letzte Flucht aus dem Bochumer Gericht gelang 2007 einem damals 36-jährigen Häftling. Er hatte seine Bäckerei angezündet, um die Versicherungssumme zu kassieren. Direkt nach dem Urteil (fast vier Jahre Haft) streckte er den Wachtmeister mit einem Handkantenschlag gegen den Hals und Tritten nieder und flüchtete. Der Wachtmeister war allein mit dem Täter, seitdem passen grundsätzlich stets zwei auf einen Angeklagten auf.
Der Prozess gegen die mutmaßliche Einbrecherbande geht am 9. Februar weiter. Für Kakberidze stand eine Mindeststrafe von 7,5 Jahren im Raum. Zwei der ursprünglich zehn Angeklagten sind bereits zu vier bzw. knapp vier Jahren Haft verurteilt worden.