Bochum. . Flüchtlinge in der Unterkunft an der Karl-Friedrich-Straße haben einen offenen Brief geschrieben. Darin bitten sie um Entschuldigung für die jüngsten Übergriffe.
„Bitte, Deutschland...“ So beginnt ein Brief, mit dem sich 50 Flüchtlinge der Unterkunft an der Karl-Friedrich-Straße an die Öffentlichkeit wenden. Anlass: die verbrecherischen Angriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und weiteren Städten in NRW. Keiner der Männer, die in der Schul-Turnhalle in Weitmar leben, trägt daran Schuld. Und doch fühlen sie „die Notwendigkeit, ein kleines Stück Verantwortung zu übernehmen für das, was jene begangen haben“.
„Niemand hat die Flüchtlinge um eine Entschuldigung gebeten, gar dazu aufgefordert. Der Wunsch nach dem Brief kam allein aus ihren Reihen“, betont Hajo Salmen. Seit Herbst 2015 ist der ehemalige Gymnasiallehrer in der Flüchtlingshilfe aktiv. Der 67-Jährige (der auch Vorsitzender des Freundeskreises Schauspielhaus ist) erteilt Deutsch-Unterricht und begleitet die Flüchtlinge bei Behördengängen. So auch die aus Syrien stammenden Mazen Draw und Marwan Alfneesh, die den offenen Brief auf Englisch verfasst haben. 48 Mitbewohner – neben Syrern auch Iraker, Afghanen und Ägypter – haben ihn unterschrieben. „Beeindruckend“ findet Hajo Salmen das Schreiben, das die WAZ in Auszügen abdruckt:
Deutschland hat uns seine Türen, Häuser, Schulen und Kirchen geöffnet und viele schenkten uns alle Art von Annehmlichkeit und Fürsorge. Wir suchten Sicherheit und Halt und wir fanden sie hier in Deutschland.“
Was für ein Schock war Köln für uns. Es brach unsere Herzen. Wir fühlten genau so wie sich die Deutschen fühlten. Wir waren bestürzt wie sie, wir wurden verletzt wie sie.“
Was durch eine Gruppe von Flüchtlingen geschehen ist, hat nichts mit Menschlichkeit zu tun und gehört nicht zu uns. Unsere Religion, der Islam, und unsere Ethik verpflichten uns, Liebe und Toleranz zu verbreiten und Freundlichkeit mit Freundlichkeit zu vergelten. Was diese Menschen taten, war ganz das Gegenteil!“
Was wir gegenüber den Deutschen fühlen ist Dankbarkeit und Anerkennung. Deshalb stimmen wir mit den Behörden überein und fordern sie auf, jeden Einzelnen zu bestrafen – auch wenn das Ausweisung bedeutet.“
Trotz der Tatsache, dass diese Gruppe nicht zu uns gehört noch auch nur einen einzigen von uns repräsentiert, fühlen wir doch die Notwendigkeit, um Entschuldigung zu bitten. Wir verstehen diese Entschuldigung gemäß der Betrachtung der Werte unseres Zusammenlebens und unserer Religion. Es sind dieselben Werte, die auch von euch geachtet werden, wie wir erfahren konnten, als wir in eurem Land ankamen.“
Wenn einige in der Zukunft in unsere Heimatländern heimkehren, werden wir unserem Volk und unseren Kindern, Generation auf Generation, von der Freundlichkeit, Großzügigkeit, Toleranz und Liebe erzählen, die wir überall in Deutschland gefunden haben. Danke von Herzen der vertriebenen, verlorenen Menschen.“
Entschuldige uns, Deutschland!“