Bochum. Das Grönemeyer-Singspiel ist am Schauspielhaus der Renner. Und Anke Zillich spielt die tragende Rolle.

Anke Zillich war am Schauspielhaus schon in vielen Rollen zu erleben, aber mit einer verbindet sie das Publikum ganz besonders: der Wirtin Lotte im „Bochum“-Singspiel. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Aufführung ist DER Dauerbrenner an der Königsallee. Über 60 Mal ist seit der Premiere im Oktober 2013 der Vorhang schon hoch gegangen. Trotzdem ist jeder Abend für Anke Zillich eine Herausforderung. „,Bochum’ ist ein Stück, in das man sich voll hineinschmeißen muss, damit man nicht untergeht“, sagt sie.

Publikum singt mit

Und meint damit die geballte Ladung Herzlichkeit, die das auf Liedern von Herbert Grönemeyer basierende Schauspiel von Lutz Hübner (Regie: Barbara Hauck, Musik: Torsten Kindermann) vermittelt, aber auch ihre Rolle speziell. „Lotte ist typisch für den Ruhrpott. Sie ist jemand, der alles verliert, und doch die Hoffnung nicht aufgibt. Als ihre Kneipe abgebaut wird, verfällt sie nicht in Depressionen, sondern will erstmal was essen.“ Stammbesucher, von denen es viele gibt, wissen schon: Jetzt kommt Herbies „Currywurst“-Lied ... gehsse inne Stadt, watt macht dich da satt , ‘ne Currywurst... „Ich habe das noch nie allein gesungen“, sagt Anke Zillich, „das übernimmt das Publikum immer selbst.“

Besucherzahlen sprechen Bände

Überhaupt ist für sie, die gestandene Schauspielerin, die Nähe zu „ihrem“ Publikum in diesem Fall besonders auffällig. Denn auch Anke Zillich kennt die Kritikerstimmen, die an dem Opus herummäkeln, nicht zeitkritisch genug, zu oberflächlich et cetera. „Wissen Sie“, sagt Anke Zillich und kann ein bisschen in Rage geraten, „wissen Sie, das kann ich überhaupt nicht mehr hören! Natürlich ist das kein Shakespeare. Aber wer das Stück nicht sehen will, der soll es doch einfach lassen. Alle anderen werden bestens bedient.“ Die Besucherzahlen sprechen Bände: „Bochum“ ist dauer-ausverkauft, wer Karten will, muss sich zeitig kümmern.

Auch auf Gastpielen erfolgreich

Das Stück, das über den Niedergang einer Kneipe, aber auch vom Abschiednehmen vom alten Ruhrgebiet handelt, liegt Anke Zillich auch persönlich. „Ich bin ein Reviergewächs“, sagt die in Oberhausen aufgewachsene Schauspielerin, „ich kenne die Seeles des Reviers“. Deshalb könne sie auch gut verstehen, warum das Publikum die Aufführung so liebe, das „Steigerlied“ mitsummt und „Currywurst“ mitsingt. Es passt einfach. Übrigens nicht nur anne Ruhr: „Auch bei unserem Gastspiel in Siegen hat das ,Bochum’-Lied funktioniert“, sagt Anke Zillich.

Der Stoff, der glücklich macht

Also alles schon Routine? „Nein“, sagt Anke Zillich bestimmt, „nie. Jedes Mal ist eine neue Herausforderung.“ So wie jener Abend, als kurz vor der Vorstellung Lottes Bierfass explodierte. „Gut, dass wir Ersatz hatten!“ Sie selbst geht mit einem Vorlauf von drei Stunden in die Rolle, schminken, einstimmen, Bühne sortieren: Jeder Handgriff muss sitzen, das gibt Sicherheit, jeder Schnaps, den Lotte ausschenkt – und es werden viele Schnäpse ausgeschenkt – soll wie musikalisiert wirken. Anke und Lotte, Schauspielerin und Rolle, verschmelzen für knapp drei Stunden zu einer Einheit. Im Gesamtpaket der Aufführung aus Szene, Bühne, Musik und Ensemble wird so der Stoff gewoben, der die Zuschauer glücklich macht.

Wie lange „Bochum“ wohl noch gespielt wird? „So lange die Leute es sehen wollen“, sagt Anke Zillich. Mindestens aber bis zum Abschied der Ära Weber im Sommer 2017. Immer im Schauspielhaus. Immer im Großen Haus. Immer vor 800 Zuschauern. Einen Wunsch hat Lotte/Anke dann aber doch, und der ist noch ein bisschen größer: „Am liebsten würde ich ,Bochum’ mal im VfL-Stadion spielen!“