Bochum. Die Geschichte des Stadttheaters reicht bis 1908 zurück, als am heutigen Standort ein Varieté eröffnete. 1919 entstand unter Saladin Schmitt das erste Ensemble.

Das Schauspielhaus wird 100 – aber wann genau eigentlich? Für Stadt und Theaterleitung steht fest: das 100-jährige Bestehen soll im April 2019 angemessen gefeiert werden. Denn in drei Jahren jährt sich zum 100. Mal der Saisonstart von Saladin Schmitt, dem ersten Intendanten, mit dem das Bochumer Stadttheater erstmals ein eigenes Ensemble bekam. Gleichwohl reicht die Theatertradition schon viel weiter zurück.

Aber auch deren exakter Beginn hat kein bestimmtes Datum. Denn als am 30. Dezember 1915 – also dieser Tage vor hundert Jahren – das Theater an der Königsallee mit dem Gastspiel „Don Carlos“ aus Düsseldorf (neu) eröffnete, war auch dies nurmehr eine weitere Station auf einem Weg, der wiederum bereits sieben Jahre zuvor begonnen hatte. Aber der Reihe nach.

Bürgerliche Schicht fehlte

Die Geschichte des Schauspielhauses beginnt 1908, als das „Orpheum“, ein Varieté-Theater des Bauunternehmers Clemens Erlemann, am heutigen Theaterplatz eröffnete. Das von der „Apollo Theater AG“ getragene Haus im neu entstehenden Ehrenfeld sollte allerdings weniger der künstlerischen Erbauung der Bürger als vielmehr deren leichtfüßigem Amüsement dienen.

Denn als Bochum 1904 durch die Eingemeindungen Großstadt wurde, wollte sich die überwiegende Mehrheit seiner Bürger – die „mittleren und unteren Klassen“ der Zechen, Fabriken und Hüttenwerke – vergnügen und unterhalten. Es fehlte, anders als z.B. in Essen, dessen Theater 1904 von dem Unternehmer Friedrich Grillo gestiftet worden war, eine breite Schicht wohlhabender Bürger, die für Fragen der (Bühnen)-Kunst aufgeschlossen gewesen wären. Auch gab es gar keine geeigneten Räume.

Unterhaltsam-volkstümliche Stücke

So hatte die Idee, im Ehrenfeld ein Theater zu platzieren, schon eine Vorgeschichte. Allerdings war sie anfangs nicht glücklich. Zwar war das erwähnte „Orpheum“ nach dem Start 1908 mit 2000 Plätzen eine der größten Bühne des Ruhrgebiets, doch das Konzept eines Theaters mit unterhaltsam-volkstümlichen Stücken lief am Publikum vorbei. „Ausschlaggebend für die schlechte Resonanz waren aber auch die extrem schlechte Akustik des Gebäudes sowie die schlechte Sicht auf die Bühne“, heißt es in einer theatergeschichtlichen Quelle.

Neoklassizismus statt Jugendstil

1909 musste das Haus schon wieder schließen, dann stand es leer, aber immerhin hatte seit 1910 eine städtische „Theaterkommission“ die Leitung des Theaters unterstützt und es auch mit kommunalen Geldern bezuschusst. Daraufhin wurde das Apollo/Orpheum erst „Neues Stadttheater“ und später „Stadttheater“ genannt. Nach einem steckengebliebenen Umbau und dem Bankrott des Bauherrn Erlemann 1912, kaufte die Stadt die Theaterruine 1914 aus der Konkursmasse und ließ alles bis Ende 1915 vollständig umbauen. Dadurch wurde der ehemals reichhaltige Jugendstilkomplex in jenen heute noch bei manchen erinnerlichen neoklassizistischen Bau verwandelt, der 30 Jahre später im Bombenkrieg in Schutt und Asche fiel.

Spielbetrieb startet 1919

Während des Ersten Weltkrieges fanden nur Gastspiele in diesem ersten „richtigen“ Stadtheater statt. Dann, im November 1918, wurde Saladin Schmitt zunächst als Oberspielleiter, dann als Intendant eingestellt. Der heute legendäre Theatermacher engagierte das erste Bochumer Ensemble und eröffnete den stadteigenen Spielbetrieb am 15. April 1919 mit Grillparzers „Des Meeres und der Liebe Wellen“. Dieses Datum gilt als Gründungstag des Schauspielhauses.