Bochum. Gerhard Uhle blickt stolz zurück: Vor 25 Jahren baute der Bochumer Unternehmer eine Kirche im russischen Marx. Das Gotteshaus ist bis heute rege frequentiert.

Stolz und kühn ragt der Turm empor. Das mächtige Kreuz an der Spitze ist weithin sichtbar. 600 Gläubige fasst die Kirche in Marx. „Und sie ist meist gutgefüllt. Wo Armut herrscht, spielt die Religion oft eine besondere Rolle“, weiß Gerhard Uhle. Er war es, der das Gotteshaus in Russland mit errichtet hat. 25 Jahre ist das her. „Ich denke“, sagt der Geschäftsführer des Hannibal-Einkaufszentrums in Hofstede, „wir haben alles richtig gemacht.“

Marx: 30 000-Seelen-Ort , 750 Kilometer nordöstlich von Moskau, einst der Wolgadeutschen Republik zugehörig. Ein Flecken, der Gerhard Uhle noch fremd ist, als er Ende der 80er Jahre in der Sowjetunion weilt. Der Bochumer Unternehmer ist auf Geschäftsreise. Wie stets sucht er dabei auch den Kontakt zu katholischen Glaubensbrüdern und -schwestern.

Treffen in einer Moskauer Sakristei

In einer Kirche in Moskau trifft er zufällig auf Josef Werth, der als Pfarrer in Marx wirkt (heute ist er Bischof von Nowosibirsk). Werth berichtet Uhle vom kargen Dasein der Landbevölkerung in seiner Heimatgemeinde, von Straßen, die unebenen Betonpisten gleichen, von fehlender Kanalisation, von Armut – und von der viel zu kleinen, längst baufälligen Kirche, in der sich bei den Sonntagsmessen Menschen aus bis zu 100 Kilometer entfernten Ortschaften drängen.

„Sie“, sagt Pfarrer Werth in der Moskauer Sakristei zu Gerhard Uhle, „sie werden uns eine Kirche bauen!“ „Aber ich habe noch nie eine Kirche gebaut“, entgegnet Uhle. Verdutzt. Überrumpelt. Aber auch angetan von dem forschen Geistlichen. Der Geschäftsmann aus dem Ruhrgebiet und der Gottesmann von der Wolga, sie werden Partner und Freunde. Sie erschaffen etwas, das Bestand hat, weit über Generationen und Grenzen hinweg.

Sie bauen eine Kirche.

„Eine Kuh für Marx“

Der Kirchenbau von Gerhard Uhle gewährleistet den Menschen in der Region nachhaltige Hilfe.

Im Zuge der deutsch-russischen Kontakte gründete die Diözese Osnabrück vor 17 Jahren die Aktion „Eine Kuh für Marx“. Federführend
ist der Caritasverband.

Bürger und Unternehmen sind zu Geldspenden aufgerufen. Dafür können sich bedürftige Familien eine Kuh kaufen und ihren Lebensunterhalt sichern.

Dabei gehen sie eine Verpflichtung ein: Das erste neugeborene Kalb muss an eine weitere bedürftige Familie abgegeben werden.

Eine Kuh kostet 800 Euro.

Auch die Euco-Gruppe von Gerhard Uhle hat mit zahlreichen Spenden dazu beigetragen, dass in diesen Wochen die Russlandhilfe in Osnabrück die Übergabe der 500. Kuh feiern konnte.

Ausführliche Infos im Internet auf www.eine-kuh-fuer-marx.de

Über 100 000 Mark Spendengelder sammelt Gerhard Uhle nach seiner Rückkehr ein. Mit seiner Euco-Gruppe an der Dorstener Straße trägt er finanziell und logistisch maßgeblich dazu bei, dass Anfang der 90er Jahre mit der Errichtung der Kirche begonnen werden kann. Mehrfach ist Uhle selbst vor Ort. Er kauft Lastwagen aus den Beständen der ehemaligen DDR-Volksarmee, mit denen u.a. eine komplette Lüftungs- und Heizungsanlage nach Marx transportiert wird. Die ist wichtig, damit der Rohbau beheizt werden kann. Fünf Tage dauert die Fahrt. Ein Bautrupp aus Riesa ist mit an Bord und gewährleistet eine akkurate Arbeit.

Zwei Millionen Mark investiert

Mit über zwei Millionen Mark stemmt Uhle den Großteil der Kosten für den Neubau. „Es war ein Kraftakt“, blickt der 83-Jährige zurück. Zur Eröffnung „seiner“ Kirche 1992 reist er noch einmal nach Marx, wo er insbesondere von den Wolgadeutschen ebenso herzlich wie dankbar empfangen wird. Seither war er nie wieder dort. „So halte ich es mit all meinen Projekten“, sagt er: „Wenn etwas geschafft und gut geworden ist, geht’s direkt an die nächste Aufgabe.“

Stolz ist er gleichwohl auf sein Werk. Von Freunden in Russland weiß er, dass das Gotteshaus mit der markanten Architektur und soliden deutschen Bauweise bis heute rege besucht wird. „Das ist das Entscheidende: dass die Menschen einen angemessenen Platz für ihren Glauben haben.“