Bochum. . Baoquan Song von der Ruhr-Uni ist Luftbildarchäologe – der einzige in NRW. Mit einer Cessna sucht er nach Spuren aus vergangenen Zeiten.

Ein kurzer Blick auf das Feld, das 600 Meter tief unter ihm liegt und Baoquan Song lässt das Steuer der Cessna los, um nach seiner Spiegelreflexkamera zu greifen. Er klappt das Fenster auf und knipst – ein Bild nach dem anderen. Wonach er in der Luft sucht, sind Spuren aus vergangenen Zeiten, etwa Überreste eines Römerlagers oder eines Hauses aus der Jungsteinzeit. „Mich interessieren die Kulturlandschaften“, sagt Song. „Alles, seit die Menschen da sind.“

Wie der Forscher arbeitet

Der 54-Jährige ist Luftbildarchäologe – der einzige in Nordrhein-Westfalen. „Die anderen in Deutschland kann man an einer Hand abzählen.“ Etwa 50 Mal pro Jahr steigt der Forscher der Ruhr-Uni in seine Cessna, um an Lippe und Niederrhein nach Spuren zu suchen. Archäologische Flugprospektion heißt die Methode. „Die Spuren versuche ich sinnvoll zu einem Bild zusammenzufügen“, erklärt Song. Wenn er eine Fundstelle auf seinen Bildern entdeckt, meldet er das dem Denkmalamt des Landschaftsverbands Rheinland oder Westfalen-Lippe. „Die schicken Archäologen raus, die an der Stelle graben.“ Finden sie etwas, stellen sie das Gebiet unter Denkmalschutz.

Was der Archäologe entdeckt

Eine kleine Sensation sei es gewesen, als Song im November ein Standlager der Römer bei Bedburg-Hau-Till am Niederrhein entdeckt hat. „Bekannt waren die in Xanten und Nimwegen, dazwischen fehlte uns eines“, sagt Song. Auf seinen Aufnahmen ist das Getreide in diesem Gebiet an einigen Stellen dunkler: Für das geschulte Auge zeichnet sich ein Rechteck im Feld ab, mit abgerundeten Ecken – wie die Form einer Spielkarte. „Es handelt sich um römische Gräben.“ Die Römer haben Holz-Erde-Umwehrungen gebaut mit vorgelagerten Gräben. Weil die Erde der verfüllten Gräben heute lockerer ist als der restliche Boden, können die Pflanzen hier tiefer wurzeln und damit mehr Nährstoffe aufnehmen. Es entsteht ein Muster im Getreide, das nur aus der Luft zu sehen ist. Das ist der Vorteil der Luftbildarchäologie. „Früher musste man viele Suchgrabungen machen“, sagt Song. „Ich kann genau sagen, wo Spuren zu sehen sind.“ Ein gezielter Schnitt an der Stelle reiche. Wo genau er etwas entdeckt hat, darf der Forscher allerdings nur den entsprechenden Ämtern sagen. „Sonst kommen die Raubgräber, um nach alten Münzen oder Metallen zu suchen.“

Warum ihn sein Beruf fasziniert

Auf seiner Spurensuche in NRW hat Baoquan Song schon viel entdecken können. Im August etwa fand er bei Warburg die Überreste eines sechs mal 40 Meter großen Langhauses. 7000 Jahre ist es alt. Vermutlich haben hier eine der ersten Landwirte in der Region gewohnt. „Ich finde vielleicht keinen Schatz, aber meine Entdeckungen haben ideellen Wert“, sagt er. Für Archäologen seien alle Spuren im Boden geschriebene Geschichte. „Anhand der Spuren versuchen wir die Geschichte zu rekonstruieren.“ An seinem Beruf fasziniert ihn auch, dass einige Spuren nicht immer sichtbar sind: „Manche sieht man nur bei Sonnenschein, andere nur wenn Schnee liegt.“ Wo die Erde anders beschaffen sei, schmelze der Schnee früher – oder später. „Manchmal ist eine Spur nur an einem bestimmten Tag zu sehen oder sogar nur für einige Stunden.“ Aber irgendwann gehen sie ihm vor die Linse, wenn er mit seiner Cessna über NRW fliegt.