Dass Faltenwürfe von Tüchern, Mänteln, Decken, Vorhängen keinesfalls nur alltägliche Erscheinungen, sondern immer auch Anreger für die Malerei gewesen sind, ist lange bekannt. Neu ist, wie individuell Till Julian Huss (*1983) mit dem uralten Sujet umgeht. Unter dem Motto „All That Is Solid Melts into Air“ sind Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers nun im Kunstraum Unten zu sehen.

Vorarbeiten am PC

Die Galerie im Zwischengeschoss des U-Bahnhofs Schauspielhaus zeigt Gemälde von Huss aus den Jahren 2013 bis 2015 sowie ein Display mit einer Reihe von Kleinformaten, die speziell für die Vitrinen der U-Bahnstation angefertigt wurden. Huss’ Bilder sind in erster Linie eine Herausforderung, genau und sehr genau hinzuschauen. Seine Motive lassen sich nicht exakt zuordnen, es spielt auch keine Rolle, ob die gemalten Faltenwürfe von Kissen oder von technischen Apparaturen herstammen. Wichtig ist der Grad der Komplexität, auch die Dynamik, die den Motiven inne wohnt. Und die Till Julian Huss immer exakt und stimmig in Malerei umsetzt.

Den Ausgangspunkt seiner Leinwandarbeiten bilden Fotografien von Stoffdraperien und Papierfaltungen. Sie wirken plastisch und sind naturgemäß doch nur zweidimensional. Die Formen sind mal frei schwebend, mal in eine Art abstrakten Bildzusammenhang eingebunden. Huss kommt aus der gegenständlichen Malerei, zunächst hat er Menschen gemalt, später dann die Ornamente dieser Porträts als das entdeckt, was ihn interessiert. Zerknittertes Papier oder Stoffe fotografiert er, verändert die Aufnahmen am Computer, druckt diese Bilder aus und malt sie dann. Die Kunst ist, über die verschiedenen Prozessstufen hinweg die Wirkung des Endergebnisses nicht zu verwässern, sondern noch zu steigern. Das gelingt dem jungen Künstler auf überzeugende Weise.

Seine Gemälde sind eher reduziert in ihrer Farbigkeit, es überwiegen schattierte Grau- und Blautöne, farbliche Akzente sind selten. Aber das tut dem Eindruck keinen Abbruch. Diese sehr formal gehaltenen Bilder mit ihren immer ähnlichen Motiven wirken zunächst still, wie in sich verschlossen. Doch je länger man schaut, desto lebendiger und beredter werden sie.