Bochum.. Der Zentralfriedhof besitzt im Ruhrgebiet einzigartigen Charakter. Die Gebäude aus der NS-Zeit wurden nach dem Krieg bewusst neu gestaltet.

Der Friedhof Freigrafendamm ist mit rund 64.000 Grabstellen der größte und bekannteste unter Bochums Ruhestätten. Selbst wer dort nicht die Gräber im Gedenken an die Verstorbenen besucht, schätzt die weitläufige Anlage als Ort der Stille und der Zurückgezogenheit inmitten einer schönen, gepflegten Landschaft voller Grün.

Die meisten machen sich dabei wohl kaum Gedanken über die Geschichte des Friedhofs – und darüber, wie eng diese Geschichte mit den Jahren der NS-Diktatur verbunden ist.

Steigende Sterbezahlen sprengten die Kapazitäten

Die Anlage des Zentralfriedhofs geht allerdings bereits auf Planungen aus den 1920er Jahren zurück. Die ständig zunehmenden Bevölkerungs- und Sterbezahlen hatten die Kapazitäten der angestammten zentralen Friedhöfe an der Wittener Straße (heute Kortumpark) und an der Blumenstraße längst gesprengt.

1927/28 begann daher die gärtnerische Ausgestaltung des Friedhofs in Altenbochum; einhergehend mit dem Bau der Straße Freigrafendamm inkl. der gleichnamigen Wohnsiedlung längs der Allee.

Erscheinungsbild des Friedhofes erinnert an Nationalsozialismus

Im April 1935 fand die erste Beisetzung statt. 1935 bis 1939 entstand in drei Bauabschnitten dann die Gebäudeanlage. Auch wenn mit den Planungen bereits früher begonnen wurde, ist es doch die Bauphase in dieser Hochzeit des Nationalsozialismus, die das Erscheinungsbild des Friedhofs prägt.

Die Bauten sprechen nicht nur heute noch für sich: Friedhofsverwaltung, Eingangsbereich, große Trauerhalle mit Krematorium und kleine Trauerhalle wurden im Sinne repräsentativer NS-Bauauffassung gestaltet. Kein anderer Ort in Bochum spiegelt so deutlich die Architektur der Diktatur wider.

1939 fertiggestellt, gaben die strengen, einschüchternden Bauten auf dem Freigrafendamm wenige Jahre später die Kulisse für die inszenierten Totenfeiern ab: Viele Bombenopfer aus der Innenstadt sowie 295 Soldaten des Zweiten Weltkrieges sind auf dem Friedhof bestattet.

Mosaikwand von Ignatius Geitel erinnert an die Kriegstoten

Diese geschichtliche Überlagerung konnten Bochum und der Friedhof nicht abschütteln, aber sie wurde in den Nachkriegsjahren bewusst neu gefasst und gestaltet. Ein Ehrenrundplatz und eine Ehrenstätte mit Urnengräbern, Einzelgrabmalen und einem Gemeinschaftsgrabmal für politisch verfolgte und in den KZs ermordete Bochumer Bürger wurden angelegt.

Auf dem Gräberfeld 19, 19 a und 34 wurden 1720 Zwangsarbeiter/innen bestattet, die meisten von ihnen aus der ehemaligen Sowjetunion. Über 2000 Verschleppte haben ihren Arbeitseinsatz in Bochum nicht überlebt. Ein Denkmal (Hochkreuz und Mosaikwand) gegenüber der großen Trauerhalle erinnert an die Kriegstoten. Die Mosaikwand wurde 1955 von Ignatius Geitel entworfen und ausgeführt. Sie zeigt eine Darstellung der Niobe, eine Gestalt aus der antiken Mythologie, die um ihre Kinder trauert.