Chantall schwingt die Peitsche. Mit zielgenauen Hieben zerteilt sie eine WAZ-Zeitungsseite, die ein Besucher in den zitternden Händen hält, und löscht eine Kerze auf dessen behelmtem Kopf: zwei Knalleffekte der Winter-Show im Varieté et cetera.

„Zwei mit Charme und Schnauze“ hat die Riemker Kleinkunstbühne für die wirtschaftlich wichtigste Staffel des Jahres engagiert – und einen guten Griff getan. Markus Schimpp aus Bonn gibt den Charmeur alter Schule, intoniert am Flügel Kreisler-Klassiker wie „Tauben vergiften“ mit Inbrunst und Schmäh. Chantall liefert das Kontrastprogramm. Wie bei ihrem letzten Gastspiel vor drei Jahren avanciert die kecke Berlinerin mit ihrer herrlich große Klappe zum Publikumsliebling – interaktive Mitmachspielchen (siehe oben) inklusive. Manch männlicher Gast ganz vorn an der Bühne sollte sich auf einiges gefasst machen...

Gewohnt solide bis hochklassig gestalten sich die artistischen Darbietungen. Skurril: der chilenische Puppenspieler Francisco Obregon, der seiner Schaumstoffdiva Sophia Liebe und Triebe entlockt. Mystisch: die junge Französin Mélusine, die am Trapez als Lady in Black Power und Poesie gleichermaßen entfacht. Elegant: Nathalie Wecker, die als Handstand-Akrobatin über beste Gene verfügt: Ihr Vater Andreas Wecker war 1996 Turn-Olympiasieger am Reck. Rundum gelungen: die HulaHoop-Nummer der bildhübschen Ukrainerin Irina Belkina. Herausragend: Alexander Batuev, der sich verbiegt und verknotet, als wären seine Extremitäten aus Gummi – der artistische Höhepunkt einer starken Zwei-Stunden-Show, die in der Adventszeit auch als Sonntags-Brunch präsentiert wird und am 31. Dezember als Silvestergala über die Bühne an der Herner Straße 299 geht.
WAZ-Wertung: