Am 9. November 1938 ließen die Nazis ihrem Hass auf die Juden auch in Bochum für alle sichtbar freien Lauf und zerstörten die alte Synagoge. Die Nacht war das Signal für den schlimmsten Völkermord der Geschichte.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, in der "Reichskristallnacht", dem vom NS-Staat organisierten Pogrom gegen die Juden, gingen auch die alten Synagogen in Bochum und in Wattenscheid in Flammen auf. Nach einer Versammlung im "Schützenhof" an der Castroper Straße machten sich die braunen Horden der SA auf in die Innenstadt, wo sie das jüdische Gotteshaus anzündeten, Wohnungen jüdischer Mitbürger überfielen und jüdische Geschäfte zerstörten. Gewalt und Hass tobten die ganze Nacht. Am nächsten Morgen konnte man die Folgen besichtigen: ausgebrannte Häuser, Möbel und Lampen auf den Bürgersteigen. Scherben überall. Es war der für jedermann sichtbare Auftakt der Judenverfolgung in unserer Stadt.
"Die natürlichsten und ersten Ziele, gegen die sich dieser gerechte Zorn in der Gauhauptstadt Bochum richtete, waren in der dichtbelebten Stadt die Synagoge an der Wilhelmstraße, die mit ihren Zwiebeltürmen schon immer als ein Stein des Anstoßes galt, und das Judenkasino auf der Wittener Straße, gegenüber dem Alten Friedhof." - So stand es am 11. November 1938 im "Bochumer Anzeiger" zu lesen. Die Barbarei hatte nicht nur die Gedanken, sondern auch die Sprache erfasst.
Sieben Jahrzehnte ist das her, ein Menschenalter. Gleichwohl sind die Untaten, die damals im Namen angeblich "empörter Volksgenossen" verübt wurden, nicht vergessen. Mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen wird an die Pogromnacht erinnert. U.a. wurden und werden im Stadtarchiv, in der Ev. Stadtakademie und im Kulturrat Gerthe Infoveranstaltungen, Vorträge und Ausstellungen zum Thema angeboten.
Am Jahrestag 9. November beginnt das Gedenkprogramm um 11 Uhr mit einer Matinee in der Synagoge am Stadtpark. "Ich kann mich nicht entsinnen" ist der Titel einer szenischen Lesung, die die Ermittlungen zum Synagogenbrand 1938 rekapituliert. Um 14 Uhr folgen zwei Rundgänge zu "Stolpersteinen", die an jüdische Mitbürger erinnern (Treffpunkt 1 am Schauspielhaus, Treffpunkt 2 am Dr.-Ruer-Platz).
Die zentrale Gedenkveranstaltung findet um 16 Uhr an der Harmoniestraße/Dr.-Ruer-Platz statt. Grußworte sprechen OB Ottilie Scholz, Grigory Rabinovich, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, sowie eine Schüler-Vertreterin. Die Gedenkrede hält Dr. Ingrid Wölk, Leiterin des Stadtarchivs, zum Thema "Und jetzt will es keiner gewesen sein - die Pogromnacht und ihre juristische Aufarbeitung in der Nachkriegszeit".