WAZ-Interview mit Andre ? Wilimzig vom Bochumer Plattenlabel "Fear the crowd records":"Ich betreue Hardcore- und Independent-Rockbands". ...

Andrè Wilimzig:
Andrè Wilimzig: "Tja, es ist kaum zu glauben, aber ich manage alles selber. Bei kleinen, unabhängigen Labels geht es heute vor allem darum, Konzerte für die unter unserem Vertrag stehenden Bands zu organisieren." Foto: WAZ, Karl Gatzmanga © WAZ

... Derzeit sind acht Gruppen unter Vertrag Er ist so etwas wie ein Visionär in Sachen populärer Musik und er sagt: "Das ist mein Leben". Vor rund zwei Jahren gründete André Wilimzig (27) in Bochum das Plattenlabel "Fear the crowd records". Andre ? Wilimzig ist somit Chef einer unabhängigen Firma, die mit viel Herzblut vor allem Bands des Independent-Rock betreut. Natürlich vermarktet "Fear the crowd" seine Schützlinge auch. WAZ-Mitarbeiter Jörg Kolesza sprach mit dem Label-Besitzer über seine Pläne und die Bochumer Popmusik-Szene.

Wie wird man Besitzer einer Plattenfirma?

André Wilimzig: "Neben meinem Studium der Politik und Geschichte war ich ein Jahr Kulturreferent an der Ruhr-Universität. Der Vertrag lief aus, ich musste mich beruflich neu orientieren. Da ich schon viele Kontakte zu Künstlern hatte und ein Riesen-Musikliebhaber bin, dachte ich, ich versuch's."

Was sind das für Bands, die du unter Vertrag hast?

André Wilimzig: "Ich betreue Hardcore- und Independent-Rockbands, etwa `Cabinfever' oder `Son et lumière' aus Bochum. Wir produzieren gerade eine CD. Unter meinen Künstlern ist aber auch ein abgefahrener Songwriter, der nur zu Hause produziert. Derzeit habe ich acht Gruppen unter Vertrag."

Wer arbeitet bei "Fear the crowd records" und was passiert bei so einem Label?

Andrè Wilimzig: "Tja, es ist kaum zu glauben, aber ich manage alles selber. Bei kleinen, unabhängigen Labels geht es heute vor allem darum, Konzerte für die unter unserem Vertrag stehenden Bands zu organisieren. Ich manage die Bands, indem ich mich um deren Internet-Auftritte kümmere, Foto-Shootings organisiere."

Wie sieht es mit CD-Produktionen aus?

André Wilimzig: "Mein Label ist für CDs in kleinen, maximal 1000er Auflagen Mit-Produzent. Da trägt auch die Band einen Teil der Kosten. Ich kümmere mich dann darum, einen guten Vertrieb zu finden. Vor allen Dingen versuche ich, den Musikern klarzumachen, dass sie bei `Fear the crowd', im Gegensatz zu Major-Labels, persönlich betreut werden. Nach meiner Erfahrung gehen unbekanntere Bands bei den Majors recht schnell unter. Der Kontakt zu den Musikern ist mir sehr wichtig. Das fängt schon bei der Auswahl einer Gruppe an, das ist ein Annäherungsprozess."

Wie wird Musik, für die dein Label steht, heute konsumiert?

André Wilimzig: "Der CD-Kauf geht immer mehr zurück. Bands werden heute stärker durch das Internet bekannt. Das Ganze läuft über das, auch illegale, Herunterladen von MP-3-Formaten. Ich kenne Leute, die haben über 15 000 Titel auf ihrer Festplatte. Deshalb liegt unser Hauptaugenmerk auf dem `booking' und dem Vertrieb übers Netz."

Du sagst "wir"? Du meintest aber eben doch, du arbeitest allein?

André Wilimzig: "Mit 'wir' meine ich die Künstler und mich. Das ist eine Zusammenarbeit, bei der die Chemie stimmen muss. Ich muss gut finden, was die machen, und sie müssen Vertrauen zu mir haben."

Gibt es einen Trend in der Populär-Musik?

André Wilimzig: "Die Szene ist momentan relativ undurchsichtig. Der Punk leidet ein bisschen, auch die Songwriter-Szene. Als mein Label startete, waren Bands wie Tomte oder Kettcar richtungsweisend. Im Moment gibt es den Emorock. Emo steht für das englische emotional. Eine andere Bezeichnung ist 'Screamo'. Das ist sehr harte, laute Musik, die aber durchaus filigrane Passagen haben kann. Das Schreien ist darin eine Kunstform. `Thoughts paint the sky', die bei Bo-Total zu hören waren, gehören dazu. In Bochum gehen `Some umbrellas under the sun' in diese Richtung."