Macondo-Festival wurde am Samstag mit drei Lesungen in Bus und Bahn inoffiziell eröffnet

Das hat Frank Schorneck, Leiter des Macondo-Festivals, clever gedeichselt. Er nutzte den letzten Termin der NRW-Kultursekretariatsreihe "mobiLES" als quasi inoffiziellen Auftakt von Macondo. Mit Erfolg: Mehr als 50 Literaturinteressierte kamen am Samstagabend zum Bogestra-Depot an die Engelsburg, um sich von hier aus von Peter Stamm, Karen Duve und Judith Kuckart literarisch verwöhnen zu lassen.

Zwei Straßenbahnen und ein Bus kutschierten das Publikum für jeweils eine halbe Stunde kreuz und quer durch das abendliche Bochum; in ihnen jeweils ein Autor, der aus seinem aktuellen Werk vorlas. "Ja, ich erzähle Ihnen eine Geschichte", begrüßt der hochgefeierte Schweizer Peter Stamm seine Fahrgäste und liest, im Schein einer altmodischen Schreibtischlampe seine Erzählung "Fremdkörper" aus dem Erzählband "Wir fliegen". Sanft und dennoch kräftig ist die Stimme des 45-Jährigen. Auf halbem Rückweg ist die Story zu Ende, also sagt er: "Ich fang' noch 'ne kurze Geschichte an, die kann man auch mittendrin abbrechen." Am Depot angekommen: "Es geht jetzt eigentlich immer so weiter." Sympathisch, lustig, welche Form von Respekt ein Autor seinem eigenen Werk entgegenbringen kann.

Karen Duves "Taxi" und Judith Kuckarts "Die Verdächtige" bewegen sich im Vergleich mehr im Hier und Jetzt, beide nehmen ihr Publikum mit in ihre Geschichten, wobei Duves fast Célinesker Schimpfroman andere Lacher bereit hält als Kuckarts mysteriöse Spurensuche.

Das Publikum war von dieser Art der literarischen Aufbereitung angetan. Manche meinten, das Quietschen der Schienen noch nie so intensiv wahrgenommen zu haben. Ist ja auch klar, wenn alle still sind, um der Lesung zu lauschen. Klar ist aber auch, dass das stoische Motorgrollen des Busses showtauglicher ist als das nervige Schienenquietsche.