Bochum. Eine neue WAZ-Serie stellt „Best Ager“ vor: Bochumer in den besten Jahren. Eine 60-jährige Boutique-Chefin berichtet von ihrem erfolgreichen Neubeginn.

Sie strahlt. So wie die Sterne, die überall in ihrem Laden hängen und das Leben von Ursula Kowalitzki erhellen. „Best Ager? Powerfrau? Von mir aus!“, lacht die 60-Jährige, die sich in den besten Jahren ihres bewegten Lebens wähnt. „Ulla’s Modestern“ weist ihr den Weg.

Ihr „zweites Leben“ nennt Ursula Kowalitzki (die alle nur Ulla nennen) die Erfolgsgeschichte, die sie seit 2007 schreibt. Vorangegangen sind Jahre des Leidens, der Verzweiflung, des Ich-will-nicht-mehr.

Ehemann wurde zum Pflegefall

35 Jahre ist die gelernte Einzelhandelskauffrau mit ihrem Mann Walter glücklich verheiratet, bekommt zwei Söhne, als ihre große Liebe 2005 schwer erkrankt. Ein Hirntumor. „Uns blieben noch zweieinhalb Jahre. Es war furchtbar. Zuletzt war mein Mann, der immer so stark war, ein Schwerstpflegefall.“

Mit 54, viel zu jung, verstirbt Walter. „Ich habe nur noch zu Hause gesessen, gejammert, mein Schicksal beweint“, schildert Ulla Kowalitzki. Ihre Schwester holt sie aus dem tiefen Loch. Sie betreibt an der Wittener Straße ein Nagelstudio. „Gegenüber wird ein Ladenlokal frei. Wäre das nichts für dich?“

Ein halbes Leben war sie Hausfrau, Mutter und Gelegenheitsverkäuferin in einer Boutique. Nun fasst Ulla Kowalitzki neuen Mut. Kratzt alle Kraft „und den Rest der Lebensversicherung“ zusammen. Fängt nochmal von vorne an. Macht sich erstmals selbstständig. Verwirklicht ihren Traum. 2007, mit 52, eröffnet sie an der Wittener Straße eine Damenboutique – behütet vom Stern, dem ihr Geschäft den Namen gibt. Ein ewiges Andenken an Walter, mit dem sie Nik P.’s „Einen Stern der deinen Namen trägt“ als Lieblingslied teilte.

Wie leben, lieben, arbeiten und engagieren sich „Best Ager“ in Bochum?

Unter „Best Ager“ (der Begriff stammt aus der Werbewirtschaft) versteht man Frauen und Männer zwischen 50 und ca. 70 Jahren.

Sie gelten als konsumfreudig, qualitätsbewusst, lebensfroh und Neuem durchaus aufgeschlossen: Die „Best Ager“ stehen im Herbst ihres Lebens mitten im Leben.

In Bochum zählen über 97.000 Einwohner zur „Best Ager“-Gruppe. Heißt: Jeder vierte Einwohner ist „in den besten Jahren“.

Nie zuvor, haben Wissenschaftler herausgefunden, sei eine Generation in diesem Alter so aktiv und konsumfreudig gewesen. Im Zeichen des Fachkräftemangels sind die „Oldies“ auch auf dem Arbeitsmarkt wieder eine Größe.

Wie leben, lieben, engagieren, bilden, arbeiten und vergnügen sich die „jungen Alten“ in unserer Stadt? Antworten liefert in den nächsten Wochen eine WAZ-Serie, die heute mit einer echten Mutmacher-Geschichte beginnt.

Mit Sachverstand, Geschmack und Herzblut richtet die späte Existenzgründerin ihren Laden ein. Gerade gewinnt ihr Ein-Frau-Betrieb an Fahrt, da ereilt sie der zweite Schicksalsschlag: Einer ihrer Söhne erleidet einen Schlaganfall, mit gerade mal 38 Jahren. Er liegt ein halbes Jahr auf der Intensivstation. „Ich bin seelisch und körperlich am Ende gewesen“, erinnert sich die Mutter. Wieder schafft sie es auch dank guter Freunde, aus dem Tal der Tränen zu klettern. „Mein Sohn kann wahrscheinlich nie wieder arbeiten. Aber es geht immer besser. Ich kümmere mich als seine Betreuerin um ihn und seine Angelegenheiten.“

„Modestern“ soll lange strahlen

Wichtig gerade in dieser schweren Zeit: Die Boutique läuft. Das erste Geschäft entpuppte sich zwar als zu groß. Der Wechsel in ein benachbartes 50-Quadratmeter-Ladenlokal an der Wittener Straße 109 war aber goldrichtig. Schick und Charme prägen heute „Ulla’s Modestern“, ganz so wie die Chefin. Ausgefallene Mode, Schmuck, Taschen, Schuhe und mehr: Ursula Kowalitzki kennt und schätzt den Geschmack der (Stamm-)Kundinnen vom Teenie bis zur modebewussten Großmutter.

„Klar: Es gibt auch schlechte Wochen. Ja: Ich weiß noch immer, was Existenzängste sind. Aber es war die beste Entscheidung meines Lebens, beruflich nochmal neu zu starten. Das kann ich anderen ,Best Agern’ nur empfehlen. Risiko kann sich lohnen! Ich denke keine Sekunde ans Aufhören“, sagt Ulla Kowalitzki. Und sieht glücklich aus, als sie zum Abschied sagt: „Ich weiß, mein Mann wäre stolz auf mich.“

Der Stern ihrer Ehe, ihres Neubeginns, der strahlt auch in ihr.

Aus ihrem neuen Programm: Was Walli über die „Best Ätschas“ denkt

Ich find ja, dat wir Best Ätschas ordentlich ichnoriert werden. Kucken se ma, obwohl dat Marketink die Best Ätschas schon seit die 70er Jahren aufem Schirm hat, kümmert sich die Werbung eigentslich wenich um uns. Vielleicht licht dat daran, dat inne Agenturen lauta hippe junge Leute arbeiten, die sowieso glauben, wir bräuchten nix mehr. Als wären wir bei Lassie, Fury, Flipper und Bonanza stehengeblieben. Ergo verbinden die uns Best Ätschas ebent mit Doppelherz und Krückstock.

Man bekuck sich nur ma die Broschüre für dat „umgekehrte Generationssystem“ vonne Sparkasse. Da gibbet ein Foto mit einen Kind von ca. 10 Jahren, eine Mutta von Anfang 30 und einen Opa mit braune Strickjacke, mitten Stock, ca. 78 Jahre. Und wo bitte is denn da der odda die Best ÄtschaRin ? Da fehlt doch eine ganze Gennerazion! Nemmich wir!

Vielleicht lichtet aba au dadran, datte Werbeindustrie Angst vor uns hat. 80 Prozent von uns halten nemmich Werbung ausse wirtschaftlichen Gründen zwar für wichtig, aber 80 Prozent glauben au, datti an an sie selbst vorbei geht. Wir sin uns donnich an interessieren für Granofink, Teenalady, Korregatabs und Co. Wir sind die einkommenstärkste Gruppe und beraten außadem beien Kaufen die Jüngeren (unsare Blagen) und au Ältere (unsa Mutta). Wir ham quasi die Schlüsselposition! Experten schätzen unsere Kaufkraft sogar auf 140 Milliarden pro Jahr.

Wenn dat nicht Macht bedeutet, dann weißich et auch nich!