Neue Wege geht das Kunstmuseum mit seiner aktuellen Ausstellung. Die Übersichtsschau mit exemplarischen Beispielen polnischer Kunst der letzten 60 Jahre aus Eigenbeständen wird gemeinsam mit „Porta Polonica“ realisiert, einer in Bochum bestückten Website zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland. Die Zusammenarbeit kommt nicht von ungefähr. Das Portal (www.porta-polonica.de) ist zwar noch im Aufbau, gibt aber schon jetzt einen guten Überblick über Aktivitäten polnischer Kultur. Und das Museum ist auf der „Allee der polnischen Erinnerungsorte“ bereits erfasst.
60 Jahre Sammlertätigkeit
Der Grund: Das Kunstmuseum sammelt seit den 1960er Jahre zeitgenössische polnische Kunst. Über 100 Exponate sind inzwischen zusammenkommen, in der Ausstellung werden etwa 25 nach längerer Zeit wieder öffentlich und im Zusammenhang präsentiert. „Porta Polonica“ zeigt die Schau zeitgleich auf seiner Website. Von daher ist der Ausstellungstitel „Digital/Original“ passend gewählt.
Als die Bochumer Sammlertätigkeit in Richtung Osten in den 1960er bis 1980er Jahre unter den Museumsdirektoren Peter Leo und Peter Spielmann begann, war der Blick über den „Eisernen Vorhang“ durchaus nicht selbstverständlich. Die Ankäufe ost- und mitteleuropäischer Künstler wurden Zug um Zug zu einer Spezialität des hiesigen Museums. Die Kollektion versammelt Werke u.a. von Jerzy Beres, Marta Deskur, Tadeusz Kantor, Zofia Kulik, Adam Myjak, Danuta Karsten und manchen anderen: hierzulande wenig bekannte Namen, die in der Kunstwelt gleichwohl einen guten Klang haben.
Im 2. Obergeschoss kann man sich einen Eindruck verschaffen. Da stehen Jerzy Beres’ solide Holzskulpturen neben den übergroßen, krass verfremdeten Familienszenen von Marta Deskur oder den informellen Bildwelten eines Aleksander Kobzdej. Herausragend: Tadeusz Kantors konzeptionelle Arbeit „Porträt der Mutter“, bestehend aus einem offenen Holzkasten/Sarg mit sechs Sandsäcken, welche die Konterfeis der Mutter aus verschiedenen Lebensabschnitten tragen – und neben einer Aufnahme der Kantor-Familiengruft platziert sind.
Eine möglichst unmittelbare Begegnung (nicht nur) mit diesen Kunstwerken ist natürlich immer angebracht, um sich ihrer speziellen Aura zu versichern. Aber darüber hinaus können auf porta-polonica.de 20 ausgewählte Werke der Ausstellung eben auch digital vom Sofa aus betrachtet werden. So oder so, eine Wieder-Entdeckung lohnt in jedem Fall.