Bochum.. Die Bochumer Polizistin Tania Kambouri will mit ihrem Buch über ihre Erlebnisse im Streifendienst aufrütteln. Populismus-Vorwürfe weist die 32-Jährige zurück.
Tania Kambouri parkt flugs ihr schwarzes Auto ein. Das Handy bimmelt schon wieder, die Zeit läuft ihr heute irgendwie davon, sie zupft ihre graue Strickjacke beim Aussteigen zurecht, ein paar schnelle Schritte, rein ins Café, ein Tee mit frischen Minzblättern bitte, und jetzt ist Luft für ein Gespräch. RTL und Sat 1 bitten um Interviews, der WDR hat sich gemeldet, die junge Streifenpolizistin mit den griechische Wurzeln, die in Bochum arbeitet, ist plötzlich so öffentlich wie sie es eigentlich nie sein wollte.
Aber nun hat sie ein deftiges Buch geschrieben über ihre tagtäglichen Erfahrungen mit aggressiven Muslimen und Osteuropäern auf der Straße, „Deutschland im Blaulicht – Notruf einer Polizistin“, und am Dienstagabend bei Sandra Maischberger im Ersten auf dem Sofa gesessen und mehr Respekt für die Polizei gefordert. Jetzt kennt man sie.
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Vor zwei Jahren wollte sie nicht mit den Journalisten reden. Einen Brandbrief an die Gewerkschafts-Zeitung „Deutsche Polizei“ hatte Tania Kambouri da gerade formuliert. Über Respektlosigkeit gegen Polizisten, über Regelbrüche straffälliger Muslime, über Kollegen, die lieber schwiegen, als sich als Nazis abstempeln zu lassen. Und über eine sanfte Linie des Staates, die nicht mehr weiterhelfe. „Da hatte sich in den letzten Jahren so viel Frust und Wut aufgestaut, das musste einfach raus“, erzählt sie und rührt die Blätter im Tee um.
Tania Kambouri fühlt sich vom Staat im Stich gelassen
Sie habe damit gerechnet, dass der Brief abgedruckt werde. Aber nicht mit der Resonanz. Mit ungezählten E-Mails applaudierender Kollegen von Flensburg bis Passau. „Das hat mich sehr bestärkt und gefreut“, sagt sie und der Anflug eines Lächelns zieht über ihr hübsches Gesicht, dessen strenger Ausdruck bei der Arbeit gewiss hilft. Da es ihr um die Sache und nicht um sie selbst gegangen sei, habe sie Interviews und Einladungen zu Talkshows damals abgelehnt.
Auch als ihr der Buchvertrag angeboten wurde, zögerte sie. Aber der Drang, das Thema auf einer größeren Bühne voranzutreiben, weil nicht wirklich etwas passiere, schlug die Sorge, zu bekannt zu werden und damit bei der Arbeit auf der Straße Probleme zu bekommen. Letzteres hat sich gelegt: „Ich werde nicht lange im Fernsehen sein, und die Leute werden mich schnell wieder vergessen. Sollten doch Probleme auftauchen, muss ich eben damit umgehen.“
Klingt gelassen, aber dass es ihr an Selbstvertrauen mangelt, muss man nicht befürchten. Auch wenn sie zugibt, bei „Maischberger“ aufgeregt gewesen zu sein. Dass der linke „Spiegel“-Kolumnist Jakob Augstein sie da anging, hat sie indes weggesteckt. „Er kennt die Straße nicht. Deswegen kann ich ihn in dieser Sache nicht ernstnehmen“, entgegnet sie trocken. Sie selbst sei couragiert. „Ich kann mich durchsetzen auf der Straße“, versichert sie mit einer Überzeugung in der Stimme, die etwaige Zweifel sofort erstickt. Schwer verletzt wurde sie im Einsatz noch nicht, bespuckt, beschimpft und gerempelt schon. „Ich lass’ mir das nicht gefallen, ich will, dass der Respekt zurückkehrt“, sagt sie, und es hört sich nicht nach einer Rede an, die sie einfach nur auswendig gelernt hat.
Rundumschlag mit Einsatzerlebnissen im Buch
Ihr Buch, mit einem Co-Autor geschrieben, ist ein Rundumschlag, gewürzt mit Einsatzerlebnissen, der sich, etwas zugespitzt, so zusammenfassen ließe: Der Staat sieht muslimischen Parallelgesellschaften, die sich eigene Gesetze schaffen, einigermaßen tatenlos zu, Sozialromantiker verklären die Lage, die Justiz ist zu lasch, die Polizisten müssen es ausbaden. „Die Polizei kann sich schon wehren“, räumt Tania Kambouri ein, „aber wir werden oft im Stich gelassen vom Staat.“ Wenn Polizisten letztlich ihr Leben auf der Straße riskierten und vor Gericht passiere nichts, „dann stellt man sich in der Tat die Frage, warum tue ich das hier? Da verliert man den Glauben an die Gerechtigkeit.“ Sie habe bei Richtern noch keine Angst feststellen können. „Aber Resignation.“
Populismus- oder Rassismusvorwürfe träfen sie, sagt sie, sie sei selbst Migrantin, Herkunft sei ihr „völlig egal“, aber alle müssten sich an Regeln halten. In ihrer gedanklichen Nähe sieht sie nicht Thilo Sarrazin, eher den ehemaligen Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky oder die strenge Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig, die sich 2010 das Leben nahm.
Mit der aktuellen Flüchtlingslage soll ihr öffentlicher Hilferuf nichts zu tun haben, stellt sie klar. „Ich schreibe über Menschen, die schon hier leben und geboren wurden.“ Gleichwohl habe die Bochumer Polizei bereits Straftaten bei Menschen registriert, die gerade angekommen seien. „Das“, sagt sie, „finde ich besonders schlimm, weil so die positive Stimmung gegenüber Flüchtlingen kippen kann.“
Ein Schluck Tee bleibt im Glas, Tania Kambouri steht auf und lächelt freundlich, jaja, die Termine. Öffentlich sein ist anstrengend. Aber das gibt sich wieder.