Bochum. Das „DDR-Kabinett Bochum“ feiert erneut den Jahrestag der DDR-Staatsgründung – diesmal in einer Tango-Schule. Wieder wird zum Protest aufgerufen.

Das Balalaika-Orchester „Drushba“ spielt auf. Ein Schalmeien-Chor erklingt. Dazu gibt’s russische Soljanka-Suppe: Der Jahrestag der Gründung der DDR (es ist der 66.) wird auch diesmal in Bochum gefeiert. Wieder lädt das Wattenscheider „DDR-Kabinett“ dazu ein: nicht erneut in die Pestalozzi-Realschule, sondern in eine Tanzschule. Und wieder gibt es Protest: Ralf Feldmann wettert gegen die „von Altkommunisten der DKP betriebene Verklärung der DDR“.

In einer Wohnung an der Harkortstraße unterhält das „DDR-Kabinett Bochum“ eine Art Museum mit Waffen, Uniformen und tausenden weiteren Relikten. Zum Jahrestag der DDR-Staatsgründung organisiert der Verein regelmäßig einen Festakt – zuletzt direkt nebenan in der Aula der Pestalozzi-Realschule. Das rief Ralf Feldmann, ehemaliger Amtsrichter und von 2009 bis 2014 für die Linken im Rat, auf den Plan. Er richtete 2014 eine Bürgeranfrage an den Schulausschuss. Mit Erfolg. Die Vergabeordnung für Schulgebäude wurde geändert. Die Stadt kann nun „extremen oder sonstwie fragwürdigen Gruppierungen“ (so Ausschussvorsitzender Ernst Steinbach) Schulräume verwehren.

13 000 Exponate von Münzen bis Uniformen

Das 2010 eröffnete „DDR-Kabinett“ an der Harkortstraße 26 umfasst nach Angaben des Vereins rund 13 000 Exponate von Medaillen und Münzen bis zu kompletten Uniformen. Sie sollen die „Geschichte der DDR für kommende Generationen greifbar“ machen.

„Das soll aber nur ein Anfang sein“, heißt es auf der Internetseite. „Wir suchen weiter nach größeren Ausstellungsflächen von etwa 250-500 m².“

„Wir hätten es trotzdem versuchen können. Aber wir wollen nicht provozieren“, sagt Andreas Maluga, Vorsitzender des „DDR-Kabinetts“. Der Verein, dem nach eigenen Angaben 70 Mitglieder angehören, schaute sich anderweitig um – und wurde an der Castroper Straße fündig. Für den 17. Oktober mietete Maluga den 200-Quadratmeter-Festsaal der Tanzschule „Tango La Boca“ an (Eigenwerbung: „Die gepflegte Atmosphäre, auf Wunsch mit romantischem Candlelight, wird zum Erfolg Ihrer Feier beitragen.“). „Wir erwarten 140 Teilnehmer“, so Maluga.

„Wallfahrtsort für SED-Kader“

„Von Tango allein lässt sich leider nicht leben“, erklärt die Chefin der Tanzschule, Esther Szirniks. Regelmäßig vermiete sie den Saal mit Platz für 150 Gäste an Privatleute oder Vereine. So auch an das „DDR-Kabinett“, das bei ihr angefragt habe. „Inhaltlich habe ich damit aber rein gar nichts zu tun!“

Während Andreas Maluga im WAZ-Gespräch keine Gegendemo am 66. Jahrestag befürchtet („Das ist eine nicht öffentliche Privatveranstaltung. Da wird sich doch keiner drauf einlassen!“), hält Ralf Feldmann an seinem Aufruf zum Protest fest: „Bochum darf nicht zum jährlichen Wallfahrtsort für SED-Kader, Alt-Stasis und Stasi-Freunde aus Ost und West werden.“ Er wolle mit den Parteien und Gruppen im Rat Kontakt aufnehmen. Ziel: „eine entschiedene Protestkundgebung gegen die Geburtstagsfeier am 17. Oktober.“