Bochum. Die Idee, für die Dr. Manfred Strecker sich auf dem Platz des europäischen Versprechens engagieren wollte, lebt heute nicht. In einem Brief an Künstler Jochen Gerz widerruft er.
Jetzt sind es nur noch wenige Wochen, bis die Bauarbeiten auf dem Platz des europäischen Versprechens vor der Christuskirche beginnen sollen. Eigentlich war geplant, die Baustelle Anfang September einzurichten, doch der Beginn verschiebt sich um einen Monat. „Anfang Oktober fängt die Baufirma an und Mitte Oktober werden die ersten Platten verlegt“, informiert Stadtsprecher Thomas Sprenger. Die Termine hätten in diesem Zeitraum eben besser mit der ausführenden Firma abgestimmt werden können.
Was an sich eine ganz gute Nachricht ist – immerhin soll das Kunstwerk von Jochen Gerz Anfang Dezember fertig sein – stimmt Dr. Manfred Strecker aus Wattenscheid nur bedingt glücklich. Als er vor Jahren sein persönliches Versprechen für Europa auf einer der insgesamt 21 Platten verewigen lassen wollte, ließ er sich von der Idee eines demokratischen Staatenbundes leiten. Doch von dem gemeinsamen Konsens in Europa, von einer Willensbildung, die von den Bürgern ausgeht, sei die Europäische Union heutzutage weit entfernt, sagt er.
Kritik an der Politik der EU
„Die europäische Bürokratie plant, uns alle dem internationalen Großkapital auszuliefern, durch den Ermächtigungsvertrag TTIP, durch reguläre, formale Einbeziehung von Lobbyisten im Vorfeld jeglicher Gesetzgebung, durch die Geheimhaltung der Verhandlungsprotokolle. Durch all diese Projekte hebelt die EU-Bürokratie die im Artikel 20.2 des Grundgesetzes garantierte Volkssouveränität aus“, schreibt der promovierte Philosoph an Gerz. Und er kritisiert die von der EU geplante Datenschutzlockerungen. Außerdem empört ihn die national gesteuerte Asylpolitik, die keinen Platz für europäischen Konsens lasse.
Projekt nicht unterminieren
Jochen Gerz antwortete Manfred Strecker und teilte ihm mit, dass er großes Verständnis für die Bedenken habe, sowohl was das geplante TTIP-Abkommen betreffe als auch die EU-Ideen zum Thema Datenschutz und die aktuelle Asylpolitik, so Strecker gegenüber der WAZ. Die Situation in Europa habe sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Doch die Idee einer europäischen Demokratie brauche eben auch heute noch jeden Einzelnen, der bereit sei, sein Versprechen zu geben, habe der Künstler ihm in einer E-Mail geantwortet.
Im Telefonat mit der WAZ-Redaktion erläutert der Philosoph aus Wattenscheid, dass er den Widerruf seines europäischen Versprechens vor allem als Symbol verstehe und sein Name auch wie geplant auf einer der Platten zu lesen sein wird. „Es ist nicht meine Absicht, das Projekt zu unterminieren und es bleibt ja mein persönliches Versprechen.“