Massentierhaltung, die blutige Arbeit im Schlachthaus, die Ausbeutung der Arbeiter dort – Christoph Nußbaumeders Schauspiel „Das Fleischwerk“ macht es dem Zuschauer nicht leicht. Am Samstag hatte das eigens für das Schauspielhaus entstandene neue Stück des gefragten Bühnenautors Uraufführung. Vor halb leeren Rängen in den Kammerspielen. Das war schade, denn die Inszenierung von Robert Schuster ist sehenswert. Und sie regt zum Nachdenken an.
Die Bühne (Sascha Gross) ist eine Art Collagen-Szenerie, mal die kalt-technokratische Produktionsstraße in der Fleischfabrik, mal die schäbig-gemütliche Bleibe der Hauptfigur. Ein Lamellen-Vorhang, wie man ihn aus Kühlhäusern kennt, fungiert als beweglicher Paravant, auf den auch Videos projiziert werden, die das Geschehen stimmig illustrieren.
„Das Fleischwerk“ ist eine Tragödie über die zynischen Mechanismen eines Schlachtbetriebs, in dem der Wert von Menschen- und Tierleben nach ökonomischen Gesichtspunkten bemessen wird. So steht es im Programmheft, und so stimmt es auch. Aber das Stück ist auch ein allgemeines Gleichnis über die Entfremdung von Menschen im heißlaufenden Kapitalismus, dem es nur um Verwertbarkeit, nicht aber um den Wert eines Menschen als Mensch geht. Liebe und Vertrauen werden ersetzt durch Berechnung und Übervorteilung.
Nußbaumeder destilliert diese nicht eben neue Einsicht in die herrschenden Produktionsbedingungen aus einer geschickt verzahnten Geschichte, die von gut gezeichneten Figuren entwickelt und von stark aufspielenden Schauspielern umgesetzt wird. Herausragend: Bernd Rademacher als krebskranker Viehfahrer Rabanta, immer präsent Roland Bayer als brutal-abgebrühter Subunternehmer Akif. Und die wunderbare klare Minna Wündrich als taffes bulgarisches Mädchen, dem übel mitgespielt wird, und das am Ende die Dinge – in ihrem Sinne – zurechtrückt.
Ein stimmiger Theaterabend mit Aha-Effekt. Weitere Termine: 19.9., 30.9. sowie am 4.10. und 29.10. in den Kammerspielen.