Bochum. Die Prognose des Bundes bedeutet für Bochum 770 weitere Flüchtlinge noch in diesem Jahr. Opel-Verwaltungsgebäude ist als Unterkunft in der Diskussion.

Die ohnehin schon hoch liegende Messlatte, alle zugewiesenen Flüchtlinge angemessen unterzubringen, wird für die Stadt voraussichtlich noch einmal um eine gehöriges Stück nach oben gesetzt. Aus der vom Bundesinnenministerium erstellten Prognose, es würden dieses Jahr 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen, 21 Prozent (169 700) nach NRW, ergibt sich durch den Königsteiner Schlüssel (Anteil Bochum: 1,9 Prozent) ein Aufnahmekontingent von 3222 für die Stadt.

Das bedeutet vor dem Hintergrund von 1167 bereits untergebrachten Menschen, 920 bis Jahresende geschaffenen Plätzen und der 366 angerechneten Plätze in den Erstaufnahmestellen Lewacker Straße und Unterstraße) eine Zahl von 770 zusätzlichen Plätzen allein noch in diesem Jahr. „Damit müssen wir jetzt erst einmal rechnen“, sagt Ute Bogucki, die als Leiterin des Sozialamts für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist. Sie spricht von einem „sportlichen Ziel“ und schließt nun auch den Bau einer Zeltstadt nicht mehr aus. „Darüber müssen wir jetzt auch nachdenken.“

Unter der Voraussetzung der bisherigen Zahlen war das bislang kein Thema. In Bochum werde es Zelte für Flüchtlinge auf absehbare Zeit nicht geben, dafür gebe es auch keine Planungen, hatte Sozialdezernentin Britta Anger noch Anfang August gesagt. Nun gilt es umzudenken und auch „die Schamgrenze herunterzuschrauben“, so Ute Bogucki. Anders sei die nun zu erwartende Größenordnung kaum zu bewältigen.

Bochum Perspektive will helfen

Die Suche nach Wohnungen oder kleineren Gebäuden reiche nicht mehr aus. Neuerlich ins Gespräch bringen wollte sie gestern in einer Besprechungsrunde das Verwaltungsgebäude D I auf dem früheren Opel-Gelände in Laer mit einer Fläche von mehreren Tausend Quadratmetern. Das will die Entwicklungsgesellschaft Bochum Perspektive zwar vermarkten. Aber, so Bogucki: „Es kann ja nicht sein, dass nur die Sozialverwaltung kreativ und flexibel ist.“

Flüchtlinge in dem Gebäude unterzubringen, ist aus Sicht von Prof. Dr. Rolf Heyer, Geschäftsführer der Bochum Perspektive, indes „nicht sinnvoll“, es sei dafür „denkbar ungeeignet“. Es gebe keinen Brandschutz, die Sprenkleranlage ist abgeklemmt und die Werksfeuerwehr auf dem verlassenen Areal nicht mehr im Einsatz.

„Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es gut wäre, wenn traumatisierte Kinder in unmittelbarer Nähe einer großen Abbruchbaustelle untergebracht werden, wo sich das Fallen eines Stahlträgers anhört wie eine Handgranate“, so Heyer. Gleichwohl sei sich die Bochum Perspektive ihrer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe bewusst. Sie wolle bei der Suche nach geeigneten Flächen etwa für mobile Anlagen helfen. In Frage dafür könnten auch Parkplätze oder andere Flächen der Entwicklungsgesellschaft Ruhr (EGR) kommen, deren Geschäftsführer Heyer auch ist.