Bochum. . Bauträger aus Dortmund übergab viele der betroffenen Turnhallen „schlüsselfertig“. Zehn müssen bislang saniert, noch 17 untersucht werden.
Pfusch am Bau im großen Stil ist verantwortlich für die Anfang des Monats erfolgte Sperrung von 34 Turnhallen in Bochum. Daran haben die Experten der Stadt mittlerweile keine Zweifel mehr. „Ich hatte das zuerst als Einzelfall angesehen“, sagt im Rückblick Andreas Grosse-Holz vom Technischen Gebäudemanagement der Stadt.
Wie die WAZ berichtete, ereignete sich der „Einzelfall“ bereits am 3. Juli in der Sporthalle der Gräfin-Imma-Schule, als dort schwere Heraklith-Platten von der Decke fielen und zu Boden krachten. Glücklicherweise in den Ferien, so dass weder Schüler noch Vereinssportler in der Halle waren.
Gleichwohl ließen die Verantwortlichen baugleiche Hallendecken prüfen und kamen so dem Murks auf die Spur: Die Latten der Holzkonstruktion waren durch senkrecht eingeschlagene Nägel miteinander verbunden und nicht wie vorgeschrieben durch diagonal ins Holz getriebene Nägel im sogenannten Schwalbenschwanzverfahren.
Viele betroffene Hallen sind zudem älter als in ersten Einschätzungen angegeben, sie stammen aus den 1960er und 1970er Jahren. Vorwürfe, die Deckenkonstruktionen hätten zwingend geschraubt werden müssen, seien daher unbegründet, sagt Frank Allmeroth, Chef der Zentralen Dienste. „Nageln war Stand der Technik, aber eben nicht senkrecht.“ Akkuschrauber und Kreuzschlitzschrauben, die heute bei vergleichbaren Konstruktionen zum Einsatz kommen, habe es damals nicht gegeben.
Rat soll Sanierungsplan absegnen
Obwohl einige Hallen älter als 50 Jahre sind, fanden sich im Archiv der Stadt noch Bauunterlagen. Daraus geht hervor, dass die meisten Gebäude von der Stadt „schlüsselfertig“ übernommen wurden – und zwar fast alle von einem Bauunternehmen aus Dortmund, das mittlerweile pleite ist. Eine Pflicht zur Aufsicht während der Arbeiten seitens der Stadt habe es daher nicht gegeben, heißt es.
Wie mittlerweile bekannt ist, hatte das „senkrechte Nageln“ auf vielen Baustellen Methode. Das Bauministerium in Düsseldorf hat deswegen alle Städte in NRW angeschrieben und eine Überprüfung der Turnhallendecken angeordnet. Auch in den Nachbarstädten Herne und Gelsenkirchen sind Hallen gesperrt worden.
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„Insofern ist unser Problem zu einem Glückfall für alle anderen geworden“, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger. „Unser Telefon stand nicht mehr still“, berichtet Frank Allmeroth. Mittlerweile liegen bei der Stadt Dankes-E-Mails aus anderen Kommunen vor, weil diese Konstruktionen vorfanden, die kurz vor dem Absturz standen.
Die Untersuchungen in Bochum laufen derweil auf Hochtouren. Mittlerweile sind elf Hallen wieder freigegeben, zehn wurden nach Begutachtung durch Statiker gesperrt. 17 müssen noch geprüft werden. „Das wird bis Ende des Monats dauern“, so Allmeroth.
Dem Rat soll für seine Sitzung am 27. August bereits eine Liste vorgelegt werden, aus der hervorgeht, welche Hallen wie saniert werden müssen. Zusammen mit dem Sport- und Bäderamt und dem Schulamt soll später entschieden werden, in welcher Reihenfolge die Liste abgearbeitet wird.