Bochum. . Die Staatsanwaltschaft Bochum hat nach dem Ankauf von vier Steuer-CDs Verfahren gegen rund 6000 Beschuldigte eingeleitet – und viel Geld abgeschöpft.

Fleißig und geräuschlos sammelt die Bochumer Staatsanwaltschaft Millionen und Abermillionen für den Fiskus und für wohltätige Zwecke ein. Seit der Steuer-Razzia bei Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel Anfang 2008 arbeitet die Behörde vier vom Land angekaufte Steuer-CD an. Die Arbeiten sind extrem rentabel: Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft Verfahren gegen ca. 6000 Geldanlager eingeleitet, von denen bis auf 700 bereits alle erledigt sind, wie Oberstaatsanwaltschaft Bernd Bienioßek auf WAZ-Anfrage sagte. Allein an Geldauflagen, die die Behörde den Beschuldigten als Bedingung für eine Einstellung der Verfahren aufdrückte, belaufen sich auf rund 70 Millionen Euro.

Hinzu kommen „Unternehmensgeldbußen“, den drei Banken aus Luxemburg, der Schweiz und Liechtenstein wegen ihrer Mitverantwortung leisten mussten – insgesamt gut 350 Millionen Euro. Davon profitiert ebenfalls die Landeskasse. Das Gleiche gilt für die reinen Steuernachzahlungen. Sie liegen im deutlichen dreistelligen Millionenbereich. Auch einige Bochumer Geldanleger stehen auf diesen CD. Auch sie hatten ihr Vermögen in einem der Alpenländer gebunkert, wo es sich ohne Wissen des deutschen Fiskus vermehrt hatte. In Haft musste nach Wissen der Staatsanwaltschaft bisher keiner.

„Die Hose muss runter gelassen werden bis zu den Knöcheln“

Einige haben zur Selbstanzeige gegriffen, mit der Hoffnung, „strafbefreiend“ davonzukommen, nur die Steuerschuld nachzahlen zu müssen. Bis Mai 2015 zählte das Bochumer Finanzamt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen (das auch für einige Nachbarstädte zuständig ist) 2355 Selbstanzeigen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans: „Viele Steuerhinterzieher haben endlich begriffen, dass wir es ernst meinen, und haben die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige genutzt.“

Diese greift aber nur, wenn sie absolut vollständig ist, betont der Bochumer Rechtsanwalt Burkhardt Jordan, dessen Kanzlei viele Selbstanzeigen juristisch flankiert – mehr als 100. „Die Hose muss runter gelassen werden bis zu den Knöcheln, nicht nur bis zu den Knien.“

Jordan glaubt, dass bald eine „eine nächste Welle“ an Steuerdelikten hochschwappt. Ende Mai haben die EU und die Schweiz ein Steuerabkommen unterzeichnet, das einen automatisierten Datenaustausch ab 2018 vorsieht. Wer dann dabei aufliegt, gilt bereits als „entdeckt“. Und dann geht es nicht mehr um Strafbefreiung, sondern nur noch um Strafmilderung.