Bochum- Wattenscheid.. Aus dem früheren Westenfelder Ortskern mit zahlreichen Geschäften ist inzwischen ein reines Wohngebiet geworden. Die Anwohner haben den Wandel miterlebt.

Dort, wo Erich Wiechers aufgewachsen ist, befand sich damals noch ein Ortskern. Mit der Gaststätte Jägerhof, einem Lebensmittelgeschäft, dem Milchladen. „Alles weg“, hält der 60-Jährige beim Rundgang fest. Das einstige Zentrum von Westenfeld mit den Einkaufsmöglichkeiten ist reiner Wohnbebauung gewichen. Die Straße „Am Mühlenteich“, 1969 parallel zur Jung-Stilling-Straße auf etwa 200 Meter Länge angelegt und zumeist mit Einfamilienhäusern bebaut, steht exemplarisch für diesen Wandel.

Doch auch wenn Wiechers Erinnerungen an den alten Strukturen hängen, ist die Veränderung durchaus positiv zu sehen. Wer die Westenfelder Straße verlässt, in den Feldweg „Am Mühleinteich“ einbiegt und dort in Richtung Sevinghausen spazieren geht, befindet sich mitten im „Grünen“. „Man wohnt zentral, aber doch abseits der großen Straßen. Eine herrliche Ruhe“, betont Wiechers. Wer einen Balkon Richtung Höntrop sein Eigen nennt, kann zudem nicht nur auf die weiten Felder schauen, sondern sieht in der Ferne auch die rund 100 Meter hohe Feuerverzinkungsanlage auf dem Thyssen-Krupp-Gelände, auch die Kirchturmspitze von St. Maria Magdalena ist zu erkennen – aus idyllischer Perspektive.

Spazierweg statt Zufahrt

Kurz hinter dem Vereinshaus der Schäferhund-Freunde, hinter den Baumstamm-Resten von Sturm „Ela“ und dem ortsansässigen Imker, kommt dann das zusammen, was im Ruhrgebiet derweil zusammen gehört. Denn kaum hat man die Felder Sevinghausens verlassen, rückt mit „Schlaraffia“ wieder die Industrie in den Blickpunkt. Der Spazierweg von Westenfeld aus dorthin wurde ursprünglich sogar als Zufahrt für das Unternehmen angelegt, doch wurde dieser Plan nicht vollends umgesetzt. Stattdessen schloss die Bundesbahn den Matratzenhersteller 1967 über den Wilhelm-Leithe-Weg ans Schienennetz an. Umso besser für die zahlreichen Spaziergänger, die -- ebenso wie die Anwohner – die Ruhe zwischen Westenfelder und Berliner Straße zu schätzen wissen.

Einerseits bietet sich Spaziergängern ein toller Blick auf St. Maria Magdalena.
Einerseits bietet sich Spaziergängern ein toller Blick auf St. Maria Magdalena. © Gero Helm / FUNKE Foto Services | Gero Helm / FUNKE Foto Services

Stille, die vor allem seit Schließung der Zeche Fröhliche Morgensonne dort eingekehrt ist. Der Mühlenteich, der 1920 eine Größe von 60 bis 70 Metern im Durchmesser aufweisen konnte, erreichte diese Ausmaße vor allem übers Grubenabwasser des alten Pütts, das mit der Hasselte in den Stauteich floss. 1926 wurde die Westenfelder Straße verbreitert, dabei der Mühlenteich trocken gelegt. Mehrere Kinder seien seinerzeit darin ertrunken. Geschichten und Legenden, die man sich noch immer in Westenfeld erzählt. Ebenso war und ist im Ortsteil aber auch die Rettung der Bergleute Effenberger und Spiess Gesprächsthema, die am 28. November 1956 verschüttet und erst am 8. Dezember gerettet wurden. Tage, die in Westenfeld wohl niemals vergessen werden, zu eng waren damals im Grunde alle Familien mit der Zeche Fröhliche Morgensonne verbunden.

Deren Anfänge gehen aufs Jahr 1829 zurück. Pütt Fröhlich, benannt nach einem Steeler Gutsbesitzer, und Pütt Morgensonne taten sich zu jener Zeit zusammen. Erste Schürfungen brachten schon bei 20 Metern Tiefe Kohle zu Tage – und die Zechenhistorie nahm ihren Lauf. 1874 wurde Schacht I abgeteuft, erreichte eine Tiefe von 600 Metern. 1924/25 stillgelegt, diente er später der Wasserhaltung.

Schacht II ging 1902 in Betrieb. In diesem Moment zählten 1776 Mann zur Belegschaft, die wiederum 400 000 Tonnen Kohle förderten. 1924 wurden die Grubenfelder von Centrum und Morgensonne zusammengelegt. Die Stilllegung erfolgte 1963. Am Anfang des früheren Zechengeländes, wo die Morgensonnenstraße und die Straße „Fröhliche Morgensonne“ die Erinnerung an alte Zeiten wach halten, endet dann auch der Feldweg „Am Mühlenteich“.

Standort der alten Mühle - Straße erinnert an das vormalige Werk

Verkehrstechnisch stellt Westenfeld eine wichtige Verbindung zwischen der Wattenscheider Innenstadt, Höntrop und den angrenzenden Ortsteilen dar. Schon früher stand die Gegend im Zeichen des Transports, am heutigen Wilhelm-Leithe-Weg befand sich einst das gleichnamige Fuhrunternehmen. Um 1890 übernahm Leithe mit über 30 Pferden gar Schwertransporte von Dampfkesseln bis nach Russland, gehörte damit zu den führenden Betrieben der Branche. Das Fachwerkhaus gibt es noch.

Nicht mehr existent ist dagegen die erste Wassermühle Wattenscheids. Dort, wo heute die Tagesklinik der Psychiatrie des Martin-Luther-Krankenhauses steht, rückte vor knapp 50 Jahren der Bagger an. Der „Mühlenteich“ erinnert noch an das vormalige Werk.

Weitere drei Mühlen auf Wattenscheider Gebiet befanden sich am Bußmanns Weg (Mühle Drepper), in der Nähe des Gertrudisplatzes (Lyrensche Bannmühle) sowie nördlich vom Watermanns Weg.