Der Tag ist noch jung, der dritte Termin steht an – nach Mitarbeiterbesprechung und Parlamentariergruppe eröffnet Gödecke als Präsidentin um 10 Uhr die 83. Sitzung des Landtags. Keine leichte Aufgabe heute. Sie beginnt mit Gedenkminuten für einen Abgeordneten, der sich das Leben nahm. Gödecke würdigt den CDU-Politiker. Es folgt eine aktuelle Stunde der Piraten zum Thema Wirtschaftsspionage. Das bereits leere Plenum wird noch leerer, ein CDU-Abgeordneter versucht das Thema Energiepolitik einzubinden.
„Ich hatte die Hand schon am Mikrofonknopf“, sagt Gödecke wenig später; die Leitung der Sitzung im Plenum hat sie an einen ihrer Stellvertreter abgegeben. Es ist kurz nach 11 Uhr und sie erläutert Besuchern aus ihrem Wahlkreis, die zuvor im Plenum waren, ihre Arbeit im Landtag. Die CDU sei verärgert gewesen, weil sie ihren Antrag, eine aktuelle Stunde zur Energiepolitik zuzulassen, abgelehnt habe. „Nicht, dass Sie denken, die dusselige Landtagspräsidentin erkennt das wichtige Thema Energiepolitik nicht. Es gibt aber Regeln, die eingehalten werden müssen.“ Der CDU-Antrag habe diesen nicht entsprochen.
Die Lehrer der Grundschule Laer berichten von ihren Alltagsproblemen. „Wir sind eine Schule mit 215 Kindern“, sagt Tim Striebe, der stellvertretende Schulleiter. „50 Prozent unserer Kinder haben Migrationshintergrund, Kinder aus den Kriegsgebieten sprechen kein Deutsch.“ Erfreut sei man in Laer, dass man nun den Status einer Seiteneinsteigerschule besitze und eine Willkommensklasse einrichten könne. „Es fehlt aber an Mitteln, wir sind auf den Förderverein angewiesen“, so Striebe.
Gödecke ist die Problematik vertraut. „NRW nimmt 21 Prozent aller Flüchtlinge auf. Ohne Hilfen vom Bund wird es nicht gehen.“ Spontan schlägt sie ein Treffen der Schul-Verantwortlichen im Bochumer Osten vor, um gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Schulausschusses und dem schulpolitischen Sprecher ihrer Partei nach Lösungen zu suchen. „Ich kann nicht direkt Einfluss nehmen, aber Termine organisieren. Und ich bleibe hartnäckig am Ball“, verspricht Gödecke.
Fernsehinterview zwischendurch
Die Präsidentin muss ihre Besuchergruppe etwas eher als geplant verabschieden, SAT 1 möchte kurzfristig noch ein Interview mit Gödecke machen. Das muss vor der ersten Abstimmung im Plenum erfolgen. Vor der nächsten Sitzungsleitung um 14 Uhr steht zudem noch ein Treffen mit Abgeordneten an. Und ein Foto mit einer Besuchergruppe aus dem Sauerland. Schlag auf Schlag geht es weiter, nachmittags will schließlich auch noch das neue Landesjagdgesetz beschlossen werden. „Ein gutes Beispiel, dass man es nie allen Recht machen kann“, so Gödecke.
Allen Recht machen, das ist Gödeckes Ding ohnehin nicht. Schon morgens in der Türkei-Runde wurde das deutlich. Gödecke kündigte an, bei einer Rede im Herbst in Düsseldorf zum türkischen Nationalfeiertag auch zum Thema Völkermord an den Armeniern etwas sagen zu wollen. „Ich halte den EU-Beitritt der Türkei für richtig, aber unter bestimmten Bedingungen, und dazu gehört auch eine Vergangenheitsbewältigung seitens der Türkei.“ Öl ins Feuer gießen werde sie jedoch nicht und auch nicht die Türkei angreifen. Klar aber sei: „Ich bin nicht die Grüß-Gott-alles-ist-wunderbar-Tante.“