Bochum. Täglich kommen Schaulustige zum Opelwerk in Laer. Für viele ist der Abriss ein Stich ins Herz. Eine Künstlerin lässt sich allerdings inspirieren.
Mit verschränkten Armen steht Erich Wiener vor dem grünen Bauzaun. Dort wo früher einmal der Parkplatz des Opelwerks in Laer war, befindet sich jetzt die größte Schrott-Halde Bochums. Nachdenklich lässt der 59-Jährige seinen Blick über das in Trümmern liegende Gebäude schweifen. Er holt sein Handy heraus und muss schlucken. „18 Jahre habe ich bei Opel gearbeitet. Zwar nicht hier, sondern im Werk in Langendreer, aber ab und zu mussten wir auch zu Tor 4“, erinnert sich der Ex-Opelaner. Jetzt knipst er noch ein paar Erinnerungsfotos. „Kann man sich gar nicht so richtig vorstellen“, sagt er.
"Der Abriss der Lackiererei ist ein Stich ins Herz"
„Als ich ein Knirps war, da wurde die Lackiererei hier gebaut. Mit meiner Mutter bin ich hier öfter vorbeigekommen. Und jetzt wird alles wieder platt gemacht. Das ist wie ein Stich ins Herz.“ Wiener ist noch einer der glücklichen Ehemaligen, die rechtzeitig die Kurve gekriegt haben und in einem neuen Job arbeiten. „Trotzdem geht einem das Nahe, wenn man hier vorbeikommt. Dieser Anblick“, sagt er. Dabei ruhen die schweren Gerätschaften gerade, mit denen sonst Stück für Stück die Hallen des Autobauers dem Erdboden gleich gemacht werden.
1. Mai, Tag der Arbeit. Doch malocht wird bei Opel in Bochum generell nicht mehr. Anstatt dröhnender Baggermotoren ist nur Vogelgezwitscher und das Rauschen von vereinzelt vorbeifahrenden Autos zu hören. „Das macht die Sache irgendwie noch bedrückender“, sagt Wiener und nickt leicht mit dem Kopf während an einem anderen Abschnitt des Bauzauns eine Frau durch ein Schlupfloch lugt.
Opel: Ein Wahrzeichen wie das Stadion und die Jahrhunderthalle
Jing Lan ist ihr Name, Künstlerin ihr Beruf. „Faszinierend“, findet sie den Abriss. „Für uns Künstler ist Vergänglichkeit ein wichtiges Thema“, erklärt sie und vergleicht das Opelwerk mit einer verwelkenden Rose, deren Stängel man abgeschnitten hat. „In China, meiner Heimat, war und ist Opel ein großes Thema“, berichtet die Künstlerin, die bereits vor einigen Jahren das Werk des Autobauers in ihren Bilder thematisch verarbeitet hat. Für Anke Arens ist das Opelwerk gar ein Wahrzeichen Bochums, gleichzusetzen mit dem Stadion des VfL und der Jahrhunderthalle. "Egal ob DHL oder welche Marke auch immer jetzt hierher kommt. So wie mit Opel werden sich die Bochumer mit Sicherheit nicht mit dem Nachfolger identifizieren", glaubt sie.
Nicht thematisch verarbeiten, dafür aber ablichten möchte Katrin Strunden die Großbaustelle im Bochumer Osten. Sie ist mit ihrer Familie zur Wittener Straße gekommen, um Fotos für ihre Sammlung zu machen. „Ich interessiere mich für Zeitgeschichte und halte sie gerne fest“, erläutert sie und denkt dabei auch an die Ehemaligen. „Wenn ich hier früher gearbeitet hätte, ich könnte nicht mehr am Opelwerk vorbeifahren und diesen Anblick ertragen.“
Einer dieser Ehemaligen ist Wilhelm Schmalschläger. „Allerdings habe ich nur einen Tag bei Opel gearbeitet“, erzählt er und muss lachen. „In der Schulzeit als Caterer.“ Bedeutend findet er den Abriss trotzdem und macht deshalb einen Ausflug mit seinen Enkeln. „Die kommen aus Oberhausen und haben nur im Fernsehen und der Zeitung davon gehört, jetzt können sie es sich mal in echt anschauen“, sagt er. Als die Drei davonschlendern und Opa Wilhelm von dem einst größten Arbeitgeber Bochums berichtet , schauen die Enkel in die Ruine, die vielen Menschen in den Generationen ihrer Eltern und Großeltern, Arbeit, Brot und Zufriedenheit gegeben hat.
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