Bochum/Witten. 25-Jährige nimmt an NRW-Meisterschaft im Bodybuilding teil. In letzten sechs Monaten hat sie trotz fünf Mahlzeiten pro Tag 13 Kilogramm verloren.

Frauen stehen gern vor dem Spiegel, sagt man. Stimmt bei vielen ganz gewiss auch – da macht Anna-Lena Kretschmann (25) keine Ausnahme. Bei ihr jedoch gehört es zu ihrem Sport, den eigenen Körper und dessen Entwicklung minuziös zu kontrollieren. „In den letzten beiden Monaten Wettkampf-Vorbereitung habe ich alleine sechs Kilogramm verloren“, sagt sie. Am Samstag geht sie in Duisburg bei den NRW-Meisterschaften im Bodybuilding auf die Bühne.

„Vor allem auf meinen Bauch bin ich stolz – der ist meine große Stärke“, sagt die gebürtige Wittenerin, die in Dortmund studiert und bei einem Bochumer Verein trainiert, während sie das bemerkenswerte „Sixpack“ kurz entblößt. „Obwohl ich eigentlich gar nicht so viel für den Bauch tue. Das liegt wohl daran, dass ich immer schon viel Sport gemacht habe.“ Und das nicht einfach so zum Zeitvertreib, sondern sehr zielstrebig. Bei der SVG Witten 84/09 begann sie als Schwimmerin, nahm an Deutschen Mannschaftsmeisterschaften teil.

Rudern, Kraftsport, Bodybuilding

Über das Rudern beim RV Bochum fand sie dann irgendwann den Weg zum Kraftsport, wurde unter Anleitung von Trainer Klaus Disse-Stebner zweimal Deutsche Meisterin im Kraftdreikampf. „Vor einem Jahr habe ich dann das Bodybuilding für mich entdeckt“, sagt Kretschmann, die sich dem AC Bochum anschloss und dort bei Carsten Jürgensen fit gemacht wurde für ihre ersten Wettkämpfe.

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Frauen beim Bodybuilding? Da hat mancher Bilder vor Augen von Sportlerinnen, denen vor lauter Muskelmasse jede Form der Weiblichkeit abhanden gekommen ist. „So extrem muss es ja nicht sein. Im Vordergrund steht für mich eindeutig die Ästhetik, nicht die Masse alleine. Letztlich geht es vor allem um die Definition“, sagt Kretschmann, die in der „Bikini-Klasse“ versuchen wird, gegen die teils schon seit Jahren etablierte Konkurrenz vor den Augen der Juroren zu punkten.

Der Sport regelt den Tagesablauf

Die 1,70 Meter große Frau, die Sport und Deutsch auf Lehramt studiert, bringt es aktuell auf 59 Kilo – bei einem Körperfettanteil von nur zehn Prozent. Binnen der letzten sechs Monate hat die 25-Jährige satte 13 Kilo verloren. „In der letzten Phase vor den Wettkämpfen geht es darum, Muskeln aufzubauen.“ Keine Frage, dass die Studentin zahllose Stunden im Fitnessstudio verbringt. Ohnehin wird ihr Tagesablauf inzwischen ganz vom Sport diktiert. „Morgens um sechs stehe ich auf, gehe dann eine Runde mit dem Hund. Dann kommt das Frühstück – eine von insgesamt fünf Mahlzeiten am Tag“, sagt Kretschmann. Fünf Mahlzeiten? Hört sich nicht danach an, als könne man dabei abnehmen. Man versteht’s erst bei einem Blick auf die übersichtlichen, gewichtsmäßig genau abgemessenen Portiönchen. Alle vier Stunden gibt’s ein paar Happen, zwei Gramm Salz pro Tag sind erlaubt – und zwischendurch geht’s regelmäßig zum Training.

„Freunde erklären mich für verrückt“

„Der Sport ist schon ganz schön lebensbestimmend geworden. Bevor ich meine Diät begonnen habe, war mir das gar nicht so bewusst“, sagt sie. „Meine Freunde erklären mich ja schon für total verrückt – aber mein Trainer kennt da kein Pardon, ich habe seit drei Monaten fast nichts Normales mehr gegessen.“ Was sie anpacke, sagt sie, mache sie mit voller Hingabe und mit großem Hang zur Perfektion. „In der ganzen Zeit habe ich mich schon ein wenig verändert, habe jetzt eine andere Körperwahrnehmung“, sagt die Bodybuilding-Debütantin, bei der die ganze Familie in den streng nahrungs-limitierten Tagesablauf eingebunden ist. Und das alles, um heute in der Duisburger Rheinhausen-Halle eine wortwörtliche gute Figur zu machen.

Das notwendige Posing – auf ungewohnt hochhackigen Schuhen – musste sie auch erst lernen, hat es nun aber längst verinnerlicht.

Fest steht für sie schon jetzt, ganz gleich, wie ihr Debüt an diesem Samstag endet: „Danach werde ich endlich mal wieder was Richtiges essen.“