Bochum. Beliebte Wohnstraße hat sich neu erfunden auf der einen Seite. Auf der anderen Seite erinnert sie an das Viertel, wie es einmal war.

Das Schauspielhaus ist in Sichtweite, dann zweigt die Hugo-Schultz-Straße von der Saladin-Schmitt-Straße ab. Hier, mitten im Ehrenfeld, steht die Zeit nicht still. Es geht voran. Eine geschwungene Holzbank auf der rechten Seite weist daraufhin, dass hier Menschen mehr als mittelmäßig mitdenken. „Die Straße hat sich in den letzten 15 Jahren selbst erneuert. Es ist für diesen kurzen Zeitraum relativ viel passiert“, sagt Hauseigentümer und Anwohner Rüdiger Echterhoff (49).

Ökologische und moderne Bauten

Die Holzbank, sie gehört zur der in Bochum gegründeten Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken, kurz GLS Bank. Zwar trägt das innovative Geldinstitut die Postanschrift: Christstraße, doch sie prägt seit 2005 auch die parallele Hugo-Schultz-Straße über viele Meter mit. Das Gebäude in Karminrot umschließt einen Garten, ist Standort mehrerer Elektroautos und versucht weithin sichtbar ein Zeichen zu setzen für ökologische und verantwortungsvolle Geldgeschäfte. Die Bank bezog die zum Teil in den 1930er und zum Teil in den 1970er Jahren gebauten Bürogebäude nicht ohne ihnen ihren Stempel aufzusetzen. Der ehemalige Verwaltungssitz der Firma des Chemikers und Hüttentechnikers Carlos Otto, Dr. C. Otto, erhielt innen und außen einen neuen Charakter. „Es ging uns darum, den Bestandsbau umzubauen. Das Haus aus den 70er Jahren benötigt aufgrund einer aufwendigen Technik mit Windrad und Photovoltaikanlage kaum Heizung und hat eine natürliche Klimaanlage. Es ist ökozertifiziert“, erläutert Christof Lützel, GLS-Sprecher.

Gleich gegenüber fällt ein weiteres Gebäude in den Blick – elegant in Form und Farbe ist es Wirkstätte und Entwurf des Architekten Martin Beilmann. Er baute es 2005 auf dem ehemaligen Parkplatz von Dr. C. Otto, später Thyssen Krupp. Unterschiedlich große Fenster und Bambus im Vorgarten bilden ein modernes Bild mit Stil. „Ich finde es wunderbar, hier mein Büro zu haben. Das Ehrenfeld ist ein vitales Viertel, das nicht umsonst so gefragt ist“, sagt der 54-Jährige.

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Ein Haus weiter, da leben die Wallbaums mit drei Generationen. Jeder, der die Hugo-Schultz-Straße näher kennt, wird Karl-Heinz Wallbaum senior schon begegnet sein. Mit seinem Tibet-Terrier Jimmy spaziert der ehemalige Bergmann mehrfach täglich durch das Ehrenfeld und genießt die zentrale Lage des Hauses, in dem er seit über 20 Jahren wohnt. „Als älterer Mensch wird es wichtig, alles einfach erreichen zu können“, sagt der 79-Jährige. Sein Sohn, der auch Karl-Heinz heißt, erinnert sich noch, als er in der Hugo-Schultz-Straße als Bub Milch kaufte, wo jetzt die Gaststätte Presto Presto ist. „Die Kindheit im Ehrenfeld war spitze. Im Sommer war ich von 8 bis 8 draußen unterwegs“, erinnert sich der 59-Jährige. Die Rückkehr aus Langendreer, wo er lange lebte, fiel ihm nicht allzu schwer.

Ehrenfelder träumen in Altbauten

Wenige Häuser weiter, wenn die Königsallee kreuzt, ist er wieder da: der Blick auf das Schauspielhaus. Mit Renate Becker wohnt in einer neuen Wohnung mit Klinkerfassade sogar eine Akteurin, die auf eine lange Schauspielkarriere zurückblicken kann.

Straßenname ehrt Bergschulleiter Hugo Schultz

Der Name der Straße erinnert an Hugo Schultz (* 6. November 1838 in Iserlohn; † 16. Juni 1904 in Bad Wildbad), der eine bedeutende Persönlichkeiten des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet war. 1868 wurde Schultz Direktor der Bochumer Bergschule, der heutigen Technischen Fachhochschule TFH, die er nach seinen Vorstellungen ausbaute und zu einer der weltweit führenden Ausbildungsstätten für Bergleute entwickelte. Schultz galt in seiner Zeit als Erzieher von Generationen von Steigern und Bergbeamten.

Als Leiter der Bochumer Bergschule wurde Hugo Schultz auch Leiter der Westfälischen Berggewerkschaftskasse und setzte sich nachdrücklich für Verbesserungen und Neuerungen im Bergbau ein. Er gründete unter anderem zehn Bergvorschulen, um den Ausbildungsstand noch zu verbessern. Die Einnahmen aus einer „Mehrförderabgabe zur Verhütung gemeinschaftlicher Übererzeugung“ steckte er in den Bau eines Krankenhauses für Bergbauopfer, das auf seinen Vorschlag hin „Bergmannsheil“ genannt wurde. Außerdem finanzierte er zum Teil den Dortmund-Ems-Kanal.

Ein 1908 errichtetes Bronze-Denkmal des Bildhauers Gustav Pillig, aufgestellt vor der alten Bergschule an der Herner Straße, erinnert heute noch an Hugo Schultz. Die Darstellung des honorigen Mannes ist vorbildgerecht aufrecht, nüchtern, bürgerlich.