Bochum. Farbklang des Lebens: Die neue Ausstellung „Leben? oder Theater?“ erinnert an die fast vergessene jüdische Künstlerin Charlotte Salomon (1917-1943).

Einen sehenswerten ersten Jahresaufschlag hat das Kunstmuseum mit der Ausstellung „Charlotte Salomon. Leben? oder Theater?“ ab dem Wochenende zu bieten. Vorgestellt wird das so gut wie vergessene Werk der Berliner jüdischen Künstlerin Charlotte Salomon (1917-1943), die sich vor dem erst bedrohlichen, am Ende tödlichen Hintergrund der NS-Diktatur in ganz kurzer Zeit üppig entfaltete und dann einfach vergessen wurde. Mit 26 Jahren wurde Salomon im KZ Auschwitz ermordet.

Tragische Aspekte

Außer ihr gab es viele Künstlerinnen und Künstlern, die wegen ihrer jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten umgebracht wurden; oft unterliegt der Blick auf deren Werk aus heutiger Zeit der Gefahr, eher als historisches Dokument des Grauens denn als eigenständiges Oeuvre betrachtet zu werden. Die Ausstellung „Leben? oder Theater?“ im Museum vernachlässigt die tragischen Aspekte in Salomons Biografie nicht, legt aber deutlich den Schwerpunkt auf das besondere Schaffen einer Künstlerin, die schon in jungen Jahren jene Kraft, Würde und Bedingungslosigkeit in ihrer Arbeiten packte, die auch heute noch anrührt.

Vernissage am Samstag mit Kunstgespräch

Zu der Eröffnung am Samstag (28.2.) um 17 Uhr im Kunstmuseum, Kortumstraße 147, wird herzlich eingeladen. U.a. gibt es u.a. ein Kunstgespräch über das Werk von Charlotte Salomon.

Es diskutieren Bridget Breiner (Ballettdirektorin MiR), Dr. Irene Faber (Jewish Historical Museum Amsterdam), Dr. Hans Günter Golinski (Museumsdirektor) und Bettina Milz (Kultusministerium).

Ausgestellt sind 278 Originalblätter eines 769 Exemplare umfassenden Konvoluts, das im Jüdischen Historischen Museum Amsterdam bewahrt wird. Die Blätter, auf denen Charlotte Salomon ihren Lebensweg nachzeichnete, lassen sich nicht einem kunstgeschichtlichen Genre allein zuordnen, expressionistische Schroffheit blitzt ebenso auf wie die verspielte Figurenhaftigkeit eines Chagall, oder ein beinahe „naiv“ wirkender Gestus. Immer aber sind Salomons fein gefügten Gouache-Malereien Spiel und Absicht zugleich, stecken sie auf vielfältige, stilistisch überzeugende Weise voll Spontaneität und Kalkül. Manches wirkt wie ambitionierte Kunst, anderes bewusst verknappt, wie ein Comicstrip.

Ausgefranste Biografie

Vieles also gibt es zu sehen, aber am Ende wird der Betrachter der großen Schau im 1. Obergeschoss doch wieder auf die ausgefransten Biografie dieser Künstlerin zurückgeworfen. Charlotte Salomon studiert Malerei in Berlin, als ihre Lebensumstände sie an den Rand des Wahnsinns bringen: sie erlebt den Selbstmord von Mutter und Großmutter, flieht vor den Nazis nach Frankreich und malt dort wie im Rausch über 1000 Bilder, von denen sie 769 auswählt und autobiografisch, wie ein Theaterstück, zuordnet; es ist ihr Vermächtnis.

Nun kann man es neu und für sich entdecken.