Bochum. Immer wieder bleiben Gegenstände in den Schließfächern am Hauptbahnhof liegen. Werden sie geborgen, kann es schon mal zu bösen Überraschungen kommen.

Wenn Ralf Rost morgens um sieben seinen Dienst antritt, führt ihn sein erster Weg an die Schließfächer neben dem Zeitschriftengeschäft. Er kontrolliert, ob alle in Gebrauch befindlichen Fächer auch korrekt verschlossen sind. Nach Ablauf der maximalen Nutzungszeit von 72 Stunden wird der Inhalt der Fächer entnommen, katalogisiert und registriert. „Immer von zwei Mitarbeitern gemeinsam“, sagt Ralf Rost, der sich offiziell „Mitarbeiter Deutsche Bahn Stationen und Services“ nennen darf. Das vier Augen-Prinzip soll alle Beteiligten schützen.

Gefundene Gegenstände im Reisecenter abgegeben werden

Die Räumung eines Schließfachs kostet den Besitzer des Inhalts 15 Euro, pro weiterer Tag der Einlagerung kommen zwei Euro hinzu. Vier Wochen bleiben die Gepäckstücke in Bochum, in dieser Zeit kann sich der Besitzer noch melden, um seinen Verlust anzuzeigen. Das geht ganz bequem im Internet, auf der Webseite der Bahn im Bereich „verloren & gefunden“. Nach Ablauf der Frist kommen die Sachen ins zentrale Fundbüro in Wuppertal. Dort landen alle bundesweiten Fundstücke. Die Rückführungsquote, also die Zahl der Fundstücke, die ihrem Besitzer wieder zugeführt werden können, liegt bundesweit bei 60 Prozent. Was nach 90 Tagen nicht abgeholt wurde, wird schließlich versteigert oder geht, etwa im Fall von Bargeldfunden, in den Besitz der Bahn über.

Als Schließfachaufsicht ist der 50-jährige Bochumer auch für die Fundstücke am Hauptbahnhof verantwortlich, die nicht aus den Boxen stammen.

Während im Zug Liegengebliebenes dem Zugbegleiter ausgehändigt werden sollte, können im Bahnhof oder am Gleis gefundene Gegenstände im Reisecenter abgegeben werden. Dort sammelt Ralf Rost sie ein und bringt sie in die Fundstelle in den Katakomben unterhalb des Bahnhofes. Dort lagern hauptsächlich Gepäckstücke und Mobiltelefone, manchmal sind die Fundstücke auch etwas ausgefallener. Momentan wartet unter anderem ein schillernd goldfarbener Gehstock darauf, von seinem rechtmäßigen Besitzer eingefordert zu werden. „Einmal hat eine ältere Dame ihre Handtasche mit 800 Euro Bargeld am Gleis vergessen“, erinnert sich Ralf Rost.

Schließfach als Rauschgiftdepot

Ein anderes Mal wunderte er sich beim Öffnen eines zahlungsüberfälligen Schließfachs über das Kaffeepulver, welches um den in Tüten verpackten Inhalt lose verstreut war. Die Polizei löste das Geheimnis: Mehrere Kilo Marihuana waren hier zwischengelagert worden, das Kaffeepulver sollte die empfindlichen Nasen der Polizeihunde irritieren. Manchmal werden Schließfächer von Obdachlosen als Aufbewahrungsmöglichkeit genutzt, erzählt Ralf Rost. „Da sind etwa Lebensmittel drin. Wenn im Sommer bei hohen Temperaturen nach drei Tagen das Fach geleert wird, hat man es schon mal mit Fliegen- und Madenbefall zu tun.“ Ein Kollege in Essen habe sogar mal einen lebenden Hund aus dem Schließfach geholt, erzählt Ralf Rost. Dieser konnte wohlbehalten ans Tierheim übergeben werden.