Schauspielschüler zeigen Shakespeares Drama im Weitmarer Schlosspark. Ovationen!

Ein Hauch jener düsteren keltischen Atmosphäre von Shakespeares Nachtstück "Macbeth" weht den Zuschauer allein durch die Kulisse an: Die Ruine der Sylvesterkapelle im Schlosspark Weitmar dient derzeit als Spielort für die schon fast traditionelle Aufführung durch die Folkwang-Schüler, die am Lohring Schauspiel studieren.

Der uralten steinernen Kulisse zum Trotz ist die Inszenierung von Hans-Ulrich Becker aber durchsetzt mit zeitgemäßen Anspielungen. Die drei Hexen der Eröffnungssequenz blasen sogleich unnötig unappetitliche Sexpuppen auf, ein Dixie-Klo dient als Großrequisite, und an einer Textstelle bekommt auch ein gewisser finnischer Handyhersteller sein Fett weg.

Dennoch liegt der Schwerpunkt der temporeichen Interpretation zum Glück auf den Schultern der jungen Darsteller. Zuweilen in bis zu drei Rollen tragen sie das Stück voller Spielfreude durch den Abend. Allein Corbinian Deller als Macbeth und Natalie Mukherjee als Lady sind nur auf diese Rollen festgelegt.

Murkherjee tritt dabei im bunten Sommerkleid auf - zunächst ein frischer Gegenpart zu den mit martialischen Körperschützern gepanzerten anderen Darstellern. Trotzdem gelingt ihr eine gelungene Umsetzung des Wandels hin zunächst zur erotisch-berech-nenden Mörderin und schließlich in den suizidalen Wahnsinn abdriftende Figur.

Dellers Macbeth ist tief verfangen in den Traumbildern, den Halluzinationen, die ihn Staunen machen, ob der Möglichkeiten der Macht; bis zum Schluss wähnt er sich unbesiegbar. Eine komödiantische Glanzleistung liefert Verena Schulze in der Rolle des Pförtners ab. Diese buchstäblich breitärschige Vorstellung wird mit Szenenapplaus belohnt.

Roman Roth darf zwei antagonistische Charaktere geben: Einerseits ist er der feige König, der bei der Nachricht von der auf der Kippe stehenden Schlacht angstvoll auf die Zinnen flieht. Andererseits ist er später der eiskalte Killer und Helfershelfer Macbeths', Seyton, der (quasi in Zeitlupe inszeniert) höchst brutal das Leben von Frau und Kind des Macduff auslöscht.

Sein "Ich bin jetzt deine Armee" leitet das Finale ein, in dem der getriebene Macduff (eindrucksvoll in seiner Verzweiflung nach der Nachricht vom Mord an seiner Familie: Sebastian Zumpe) Macbeth im klassischen Schwertkampf tötet. Marie Bonnet und Kim Dörfel (unter anderen in den Rollen zweier der drei Hexen) vervollständigen die exzellente Ensembleleistung.

Am Ende sitzt Malcolm, Sohn des Königs (wieder Verena Schulze) auf dem Thron und verkündet in rein geschäftsmäßigem Ton: "Ihr seid jetzt Grafen." Als wäre nichts gewesen. Entsprechend verweist das leise gesungene, melancholische Abschieds- und Schlaflied abschließend und abgründig-ironisch auf die vielfältigen Elemente des Traums in diesem Drama hin.

Auch die Lady Macbeth erscheint dazu noch einmal: der (Alp-)Traum ist aus. Dann endet eine gut zweistündige Inszenierung, die vom Premierenpublikum, das traditionell mit mitgebrachtem Proviant und Sitzgelegenheiten und gleich in mehreren Hundertschaften erschienen ist, mit donnerndem Applaus: was die bis dahin nimmermüden Vogelstimmen im Park tatsächlich für einen Moment erschreckt verstummen lässt.

"Macbeth" ist im Weitmarer Schlosspark wieder am 11., 12. und 13. Juli jeweils um 19.30 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei! Wer mag, darf aber am Ende einen kleinen Obulus in einen Hut werfen.